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Berlin: Anschlag aus Menschenliebe

Bischof Huber über den Widerstand gegen Hitler

Moralisch autonom wirken die Attentäter des 20. Juli heute: Gegen ihre Erziehung und gegen die Eide, die sie geleistet hatten, verschworen sie sich zu einem Anschlag, der tödlich für Adolf Hitler werden sollte. „Schweren Herzens“ taten sie das, sagte Bischof Wolfgang Huber im Berliner Dom im Gedenkgottesdienst für die Widerstandskämpfer gegen das NaziRegime. Es war ein Aufstand für die Menschenwürde – und als solcher eine christliche Tat. Es war die Antwort auf die Frage, die der Apostel Paulus der Gemeinde in Rom in einem Brief gestellt hatte: „Sollen wir denn in der Sünde beharren?“

So einfach, so zwingend hat sich wohl keiner derer entschieden, die den Kampf gegen Hitler und sein Regime wagten. Im prächtig-monumentalen Berliner Dom folgte der Bischof beispielhaft den Entscheidungswegen Stauffenbergs und Dietrich Bonhoeffers: Stauffenbergs innere Distanz zu Hitler habe sich in die Bereitschaft zum Widerstand verwandelt „angesichts der entwürdigenden Behandlung der russischen Zivilbevölkerung und russischer Kriegsgefangener“: Das Gefühl für die Menschenwürde war stärker als das System der Pflichten und Eide – und vielleicht die Angst. Bei Bonhoeffer sei es die Deportationspolitik der Nazis gewesen, die ihn zum Widerstand trieb.

Also doch Pflicht – aber die Verpflichtung auf ein christliches Menschenbild. Im Christentum, so Huber, gebe es keinen Anhalt für die Geringschätzung des eigenen oder fremden Lebens. Deshalb haben die Attentäter und Widerstandskämpfer auch nichts gemein mit denen, die sich heute aus politisch-religiösen Motiven in die Luft sprengen. Es sei nicht Selbstzweck, mit Christus im Tod verbunden zu sein. „Das Ja zum Leben regiert auch noch diesen Tod“, so der Bischof. Welten lägen zwischen der Gemeinschaft mit Christus und einem Fanatismus, „der die eigene Erlösung durch Mord erreichen will, den Mord an sich selbst eingeschlossen“.

Auch das gehört zur Gegenwart des 20. Juli. Aber bleibt Mord nicht Mord, auch wenn ein Tyrann getötet wird? Die Protestanten, so der Bischof, hielten die Pflicht und die Obrigkeit und die Gesetze hoch. Doch ausdrücklich füge das reformatorische Bekenntnis hinzu: „…es sei denn, sie befehlen, Sünde zu tun.“ wvb.

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