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Auf Deutsch gesagt: Möglichst viel Kultur

Brigitte Grunert über die Sprache der Politiker

Klar, der Weg ins neue Jahr ist immer mit guten Vorsätzen gepflastert. Zum Beispiel sollen 2008 mehr Etatmittel in die Bildung, Kultur und Wissenschaft fließen. Mit diesem Pfund kann Berlin doch wuchern.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit erklärte es vor ein paar Wochen in der Haushaltsdebatte des Abgeordnetenhauses so: „Die Assets müssen nach vorne gebracht werden.“ Das klingt zwar nicht recht verständlich, aber doch weltmännisch, nicht wahr? Wenigstens wissen die Manager über Assets Bescheid, denn die sind auf Englisch die Aktivposten, die Vermögenswerte.

„Es wird nun möglicher, mehr für Bildung, Wissenschaft und Kultur zu tun“, bekräftigte jemand von der Koalitionsfraktion Die Linke, ich weiß nicht mehr, wer. Nun ja, ohne neumodisches Fremdwort hört sich die Botschaft auch nicht besser an. Warum sollte es möglicher werden? Es ist möglich, allenfalls besser möglich, weil mehr Geld im Etat eingeplant ist. Unmöglich ist es jedoch, dem Wort möglich den Komparativ zu verpassen. Die Steigerung möglich – möglicher – am möglichsten ist der reinste Nonsens. Zwar gibt es den Superlativ von möglich, aber nur als Adverb oder Substantiv. Kommen Sie möglichst gut ins neue Jahr! Wir tun unser Möglichstes.

Speziell die Kultur ist überhaupt ständig in aller Munde. Alles wird mit dem Wort Kultur verziert, sie treibt komische Blüten. So reden unsere Politiker neuerdings öfter von der „Willkommenskultur“ für Investoren und Zuwanderer oder gar von der „Welcome-Kultur“, das macht noch mehr her. Felicitas Kubala (Grüne) wünschte sich in der Haushaltsdebatte eine „parlamentarische Diskussionskultur“.

In einem CDU-Antrag las ich: „Das Land Berlin hat in der Vergangenheit versucht, besondere Formen der Anerkennungskultur für ehrenamtliche und freiwillige Arbeit zu entwickeln.“

Na, beim Versuch kann es nicht geblieben sein, denn in dem Antrag werden Beispiele für die Anerkennung dieser Arbeit genannt. Und wer steht für dieses abstrakte Land Berlin? Die CDU muss wohl den Senat und das Parlament gemeint haben.

In einem FDP-Antrag heißt es: „Ziel muss es sein, eine ,transparente Kultur’ des öffentlichen Raums zu entwickeln, die Rücksicht auf die unterschiedliche Bedeutung von Orten nimmt und von der Öffentlichkeit entsprechend angenommen wird.“ Puh, offensichtlich haben wir es mit einer Kultur des Verblasenen zu tun. Was eine „transparente Kultur“ ist, wissen die Verfasser des Textes wohl auch nicht so genau, sonst hätten sie den Begriff nicht in Gänsefüßchen gesetzt.

Ach, mit der Sprachkultur ist es eben nicht weit her. Doch wir gehen ja mit guten Vorsätzen ins neue Jahr.

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