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Berlin: Auf glattem Parkett

Die Ballsaison beginnt und das Interesse der Berliner wächst. Auch die Manieren werden besser

Wenn es draußen kalt wird, kommt Elisabeth Lang ins Schwitzen. Dann strömen die Kundinnen zu ihr ins Geschäft und suchen schnell noch ein passendes Kleid. „Da weiß ich, dass der erste Ball bevorsteht.“ Elisabeth Lang ist Verkäuferin bei „Sterling Gold“ in der Oranienburger Straße in Mitte, eine der besten Adressen für gebrauchte Ballkleider. Hier hängen schlichte Kleider aus den 40er Jahren neben paillettenbesetzten Röcken aus den 80ern – und alles könne man völlig unbesorgt anziehen, sagt Elisabeth Lang. Die heutige Ballmode sei uneinheitlich, da werde in zehn Jahren „niemand genau sagen können, was 2005 getragen wurde.“ Natürlich gibt es Unterschiede: Zur Operngala der Deutschen Aidsstiftung am Sonnabend – dem ersten großen, leider schon ausverkauften Ball der Saison – solle man nicht unbedingt in zu grellen Farben erscheinen. „Es sei denn, man ist prominent, dann ist sowieso alles erlaubt.“

Was auf Bällen erlaubt ist und was eher nicht, weiß kaum jemand besser als Daniela Jordan. Die Berliner Tanzlehrerin beschäftigt sich seit 15 Jahren mit Verhaltensregeln auf Bällen und gibt Vorbereitungskurse für Neugierige und Unsichere. „Antiblamier–Programm“ heißen die Kurse offiziell, die sich in Berlin immer größerer Beliebtheit erfreuen. Da geht es um die korrekte Begrüßung, Körperhaltung und den angemessenen Abstand zum Gesprächs- oder Tanzpartner. Und natürlich um Tischkultur: Dass Weingläser am Stiel gehalten werden, sei den meisten Ballgängern ja noch bekannt. Dass man sich aber immer nur aus dem rechten Brotkorb bedienen darf, wisse heute kaum einer. Das Tolle an Etikette sei, dass alle Vorgaben einen Sinn hätten. Oder zumindest einmal gehabt hätten. „Zum Beispiel sollte die Frau immer rechts vom Mann gehen. Das liegt daran, dass Männer früher links ihren Degen trugen, und der war schlecht für die Kleider der Frauen.“ Trotzdem müsse man nicht alle Regeln strikt befolgen. „Jeder darf das tun, was er möchte – so lange er mit dem Echo klarkommt.“ Jan Schaumann sieht das ähnlich. Der 37-Jährige aus Friedenau ist selbstständiger „Stiltrainer“ und zeigt Geschäfts- und Privatleuten, wie man sich im Alltagsleben angemessen verhält. Und weil ihn seine Kunden immer wieder darauf ansprechen, plant er jetzt ebenfalls ein Benimm-Seminar für Ballgänger. Das Wichtigste auf einem Ball sei es, sich an die drei „zentralen Wörter des Lebens“ zu erinnern: Danke. Bitte. Entschuldigung. Die könne man gar nicht oft genug sagen.

Ein besonders heikles Thema sei das Auffordern, weiß Schaumann. Grundsätzlich solle man jede Dame am Tisch zumindest einmal am Abend auffordern. „Aber ganz wichtig: Niemals den Partner der Dame um Erlaubnis fragen. Das wäre unhöflich gegenüber der Frau.“ Beim Partner bedanken dürfe man sich nach dem Tanz aber schon. Schaumann glaubt übrigens nicht, dass Männer weniger Manieren besitzen als Frauen: „Die können bloß in viel mehr Fettnäpfchen treten.“

So kompliziert die Etikette-Regeln, so einfach das Tanzen auf Bällen. Weil man über den Grundschritt sowieso nicht hinauskommt, sagt Monika Keller vom Allgemeinen Deutschen Tanzlehrerverband (ADTV). Bei dem üblichen Gedränge auf der Tanzfläche brauche man raumgreifende Figuren gar nicht erst zu versuchen. Und die ganze Bandbreite der Tänze müsse man auch nicht drauf haben. „Wer Foxtrott und Walzer und Langsamer Walzer beherrscht, kommt ganz gut zurecht.“ Wer selbst die vergessen hat, kann bei Tanzschulen oder bei selbstständigen Trainern Crashkurse buchen.

Und dann schon dieses Wochenende loslegen. Denn während die Aidsgala in der Deutschen Oper bereits ausverkauft ist, gibt es für das Maritim Hotel in der Stauffenbergstraße noch Karten. Da feiert am Sonnabend der Berliner Ruderer-Club sein 125-jähriges Bestehen mit einem großen Ball. Vorsitzender Karsten Finger verspricht ein riesiges Büfett, gute Stimmung und genügend Platz auf der Tanzfläche. Und schmerzende Füße gebe es höchstens ganz wenige: „Ruderer sind ausgezeichnete Tänzer.“

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