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Berlin: Aufpasser für die Klinik-Chefs

Um den Krankenhauskonzern Vivantes zu retten, sollen Wirtschaftsberater der Geschäftsführung auf die Finger schauen

Ist VivantesChef Wolfgang Schäfer noch zu halten? Offensichtlich trauen die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses im Vivantes-Aufsichtsrat ihm und den anderen drei Geschäftsführern nicht mehr zu, den hochverschuldeten landeseigenen Klinikkonzern allein sanieren zu können. Der Wirtschaftsausschuss beschloss am Freitag, dass für die Umsetzung des bis 2008 angelegten Sanierungsplans eine externe Beratungsfirma engagiert werden solle – „zur Unterstützung der Geschäftsführung“. Ein weiteres deutliches Misstrauensvotum gegen die Geschäftsführung – und eine teure dazu. Denn die Aufpasser kosten hunderttausende zusätzliche Euro. „Hoffentlich bleiben die unter einer Million“ heißt es jetzt hinter vorgehaltener Hand.

Wirtschaftsausschuss-Chef Karl Kauermann sagte gestern auf einer Pressekonferenz, es habe in der Vergangenheit „Umsetzungsdefizite“ bei den Sanierungsmaßnahmen gegeben. Und auch wenn er seine Kritik an der Geschäftsführung verklausulierte, so werden Schäfers Team angesichts solcher Worte noch eine ganze Weile die Ohren klingeln: „Wenn wir jetzt nicht gegengesteuert hätten“, sagte Kauermann, „dann hätte das Unternehmen 2008 ein Defizit von 150 Millionen erwirtschaftet.“ Stattdessen soll es nun ein Gewinn von bis zu 50 Millionen Euro sein.

Allerdings hatte es Schäfer, den man 2001 als Sanierer von Kassel nach Berlin geholt hatte, nicht leicht. So musste sein Unternehmen die Altschulden der fusionierten städtischen Kliniken schultern – ungewöhnlich für eine solche Neugründung. Außerdem zahlte das Land bereits zugesagte Fördergelder in Höhe von Hunderten Millionen Euro nicht.

Schäfers Stuhl wackelt schon seit er für 2003 einen unerwartet hohen Verlust einräumen musste, nach dem er im vergangenen Sommer noch vom „erfolgreichen Sanierungskurs“ gesprochen hatte, (siehe Chronik). Den zweiten Schlag kassierte er, als er im März das vom Senat geforderte Sanierungskonzept vorstellte. Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) sagte nur knapp: „nicht ausreichend“.

Mit achtwöchiger Verspätung liegt nun der Plan vor. Danach soll der Konzern schon im laufenden Jahr keine Verluste mehr machen. Ursprünglich hatte die Geschäftsführung noch ein Defizit von bis zu 45 Millionen Euro befürchtet, das wären rechnerisch rund 3215 Euro für jeden der 14 000 Vivantes-Beschäftigten. Bis 2008 werde sich die Krankenhausgruppe wirtschaftlich erholen und einen Jahresgewinn von 30 bis 50 Millionen Euro einfahren, zeigen sich die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses überzeugt. Das Gremium bereitet die Entscheidung des Aufsichtsrates vor, „der unserem Votum am 26. Mai sicher folgen wird“, sagte Kauermann.

Wie das Kunststück eines in vier Jahren profitablen Konzerns gelingen soll, darüber wollte Kauermann gestern nichts Genaues sagen. Doch dem Vernehmen nach hat man das Rad nicht neu erfunden: der Plan basiert zu einem wesentlichen Teil auf dem Strategiekonzept bis 2010, das Schäfer Ende 2002 vorgelegt hatte. So soll zum Beispiel das Krankenhaus Prenzlauer Berg in ein ambulantes Versorgungszentrum umgewandelt werden. Bis 2008 sollen 1800 Vollzeitkräfte überflüssig sein, damit wären in dem Unternehmen seit seiner Gründung vor drei Jahren 4800 Vollzeitstellen verloren gegangen. Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben. Man setzt auf die natürliche Fluktuation, sprich Abfindungsregelungen oder Versetzungen in den Ruhestand. Neu ist der Plan einer stärkeren Kooperation mit dem Universitätsklinikum Charité. So sollen Angebote der Vivantes-Häuser Wenckebach- und Auguste-Viktoria-Klinikum mit dem zur Charité gehörenden Benjamin-Franklin-Klinikum zusammengelegt werden.

Gelingen könne das Konzept nur, wenn die Arbeitnehmer auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten – macht jährlich 34 Millionen Euro – und das Land die Schulden von Vivantes in Höhe von 230 Millionen Euro übernimmt. Macht noch einmal zehn Millionen Euro gesparte Zinsen im Jahr. Insgesamt könnte Vivantes 2008 zwischen 150 bis 200 Millionen Euro weniger ausgeben als heute, sagte Kauermann. Alles wie gehabt also, denn auch nach der Veröffentlichung des alten Konzepts vor zwei Jahren herrschte der blanke Optimismus. Finanzsenator Sarrazin ist da vorsichtiger: „Wenn das Konzept tatsächlich in allen seinen Teilen trägt, dann wird auch das Land seinen Beitrag leisten“, sagte er gestern.

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