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Berlin: Aufstand in den Bezirken: Senat kassiert versprochenes Geld selbst

BERLIN .Die Finanzverwaltung zieht die Daumenschrauben an.

BERLIN .Die Finanzverwaltung zieht die Daumenschrauben an.Alle Behörden bekommen noch weniger Geld, als ihnen in Aussicht gestellt wurde.Vor allem in den Bezirken ist ein Proteststurm losgebrochen.Tiergartens Finanzstadtrat Dirk Lamprecht (CDU) wettert: "Ein Taschenspielertrick".Schönebergs Bürgermeisterin Elisabeth Ziemer (Bündnis 90 / Die Grünen) sekundiert: "Der Senat treibt Berliner Baufirmen in den Konkurs." Mittes Bürgermeister Joachim Zeller (CDU) fühlt sich auf den Arm genommen: "Was sind das für Methoden?" Staatssekretär Frank Bielka (SPD) versteht die Aufregung nicht.

Die Finanzverwaltung hat die sogenannte Restebildung verboten.Diese haushaltsrechtliche Formalie erlaubt es den Verwaltungen, Geld, das sie in einem Haushaltsjahr nicht ausgeben konnten, in das nächste hinüberzuretten.Das hat zwei Vorteile: Zum einen wird das "Dezemberfieber" verhindert, also der Zwang der Ämter, noch vorhandene Restbeträge im Haushalt zum Jahresende unbedingt unter die Leute zu bringen.Zum anderen sind die Behörden flexibel, Rechnungen bezahlen zu können, die erst im folgenden Jahr fällig werden.

Am Beispiel der Hiroshimastraße in Tiergarten sieht das so aus: 2,6 Millionen Mark kostet der Straßenneubau, das Geld war im Haushalt 1997 vorgesehen.Weil die Bauarbeiten nicht planmäßig vorangingen, konnten in dem Jahr nur rund 500 000 Mark ausgegeben werden.Damit die übrige Summe des bewilligten Geldes nicht verfiel, bildete Tiergarten einen Restbetrag.Zwar waren die Rechnungen für den Haushalt 1998 nicht vorgesehen, aber sie müssen bezahlt werden - und die Kosten bleiben gleich.

Jetzt ist mit dieser Praxis Schluß.Die Folgen für die Bezirke: Prenzlauer Berg kann 11 Millionen Mark weniger investieren, in Schöneberg sind es sogar 21 Millionen.Zehlendorf hatte bereits 13 Millionen fest verplant.Ähnlich wie im vergangenen Jahr sollten diese Summen vor allem in Turnhallen, Kitas und Straßen gesteckt werden, weil im regulären Haushalt kein Geld mehr für Neubauten ist.Außerdem sollten noch ausstehende Rechnungen bezahlt werden.

Jetzt sieht es dafür besonders schlecht aus.Die Schöneberger Bürgermeisterin kündigte gegenüber dem Tagesspiegel an, die 21 Millionen Mark trotzdem ausgeben zu wollen."Ich kann es nicht verantworten, wenn Baufirmen auf ihren Forderungen sitzenbleiben", so Elisabeth Ziemer.Frank Bielka erinnert im Gegenzug an frühere Jahre: "Da haben wir die Restebildung auch nicht genehmigt." Die Bürgermeisterin kontert: "Der Staatssekretär kennt offenbar die Landeshaushaltsordnung nicht." Darin stehe, daß die Haushaltsreste den Bezirken für Neubauten zustehen.

Ähnlich wie ihr Kollege Zeller in Mitte sieht Ziemer darüber hinaus die Ziele der Verwaltungsreform torpediert, die den Bezirken mehr Verantwortung und Eigenständigkeit einräumen soll.Wenn es bei der massiven Streichliste bleibe, so Joachim Zeller, "kann sich der Senat sein ganzes Getue und Gehabe um die Verwaltungsreform an den Hut stecken".

Zum Politikum könnte die neue Streichliste der Finanzverwaltung für den zentralen Festplatz in Wedding werden.Zehn Millionen Mark soll es kosten, den ehemaligen Alliierten-Übungslatz für Rummel und Volksfeste herzurichten.Doch das Geld sollte ebenfalls aus einem Haushaltsrest der Bezirkskasse Wedding kommen.Während die Weddinger CDU die Finanzsenatorin schwer unter Beschuß nimmt ("Sie vernichtet über 1000 Arbeitsplätze"), hält sich ihr Parteifreund und Bürgermeister Hans Nisblé (SPD) betont zurück: "Es darf nicht passieren, daß sich die Eröffnung des Festplatzes noch einmal verzögert." Besonders pikant: Das gesperrte Geld kommt zum größten Teil vom Bund und der EU.

Während die Senatsbauverwaltung ihr Schulsanierungsrogramm mit insgesamt 30 Millionen Mark durchgebracht hat, müssen unter anderem folgende Neu- oder Umbauten gestrichen oder verschoben werden:

Zehlendorf: Grundschule und Kita am Rohrgarten und die Alte Feuerwache.Die Sanierung am Strandbad Wannsee zieht sich weiter in die Länge.

Prenzlauer Berg: Die Doppelsporthalle der vierten Gesamtschule an der Sredzkistraße.Der Bau wurde bereits verschoben und kann demzufolge auch in diesem Jahr nicht beginnen.

Wedding: Die zentrale Festplatz am Kurt-Schumacher-Damm steht auf der Kippe.Von den zehn Millionen Mark Investitionssumme kommen 400 000 aus der Bezirksschatulle und 9,6 Millionen zu gleichen Teilen von der EU und vom Bund.

Tiergarten: Mit dem Bau der Doppelsporthalle an der Kurfürstenstraße kann nicht begonnen werden.Hier gibt es zwei Schulen in der Nähe, allerdings keine Sporthalle.

Schöneberg: Das Stadtbad Hauptstraße und die Sporthalle in der Kolonnenstraße werden nicht fertig.Kita und Sporthalle am Winterfeldtlatz können auch in diesem Jahr nicht in Betrieb gehen.oew

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