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Berlin: Aus dem Lift schaffen es nur Spielfilmhelden

Wieder kletterte ein Mann aus dem Fahrstuhl und stürzte ab Techniker raten: Unbedingt warten, bis Hilfe kommt

Für Aufzug-Techniker ist es, als wolle man die Eigernordwand besteigen: Vom Dach eines stecken gebliebenen Lifts in die nächsthöhere Etage klettern, um die Tür zu öffnen und sich ins Freie zu retten. „Dazu muss man schon fast lebensmüde sein“, kommentierte ein Mitarbeiter eines Aufzugnotdienstes. Am Sonnabend versuchte es dennoch ein 35 Jahre alter Mann an der Hubertusstraße 5 in Steglitz – und stürzte rund zehn Meter tief ab. Er kam mit einem Beinbruch davon. Erst vor fünf Tagen war ein 26-Jähriger in einem Haus an der Poststraße in Mitte 15 Meter tief in einen Fahrstuhlschacht gestürzt. Auch er überlebte schwer verletzt.

Der mit sechs Personen besetzte Aufzug an der Hubertusstraße war aus bisher nicht geklärten Gründen zwischen dem 3. und dem 4. Stockwerk stehen geblieben. Nichts rührte sich. Da entschloss sich der Mann, der selbst gar nicht in diesem Haus wohnt, durch die Notausstiegsklappe in der Decke auf das Kabinendach zu klettern, um von dort aus zu versuchen, die Tür zum Ausgang darüber zu öffnen. Dabei verlor er den Halt und stürzte in die Tiefe. Die Feuerwehr brachte ihn in ein Krankenhaus. Ein Aufzugstechniker befreite die übrigen fünf Eingeschlossenen, die geduldig in der Kabine auf Rettung gewartet hatten.

„Ein wahnwitziges Unterfangen“, kommentierten Fachleute den Versuch des 35-Jährigen. Selbst erfahrene Techniker kämen nicht auf die Idee, im Schacht nach oben klettern zu wollen: „Möglichkeiten, sich festzuhalten, gibt es nur wenige, und die liegen sehr weit auseinander“, sagte Peter Hartleben. Er ist Techniker bei Thyssen-Aufzüge. Zwischen drei und sechs Meter kann der Abstand betragen. Es sei zwar möglich, sich am Trageseil des Lifts nach oben zu hangeln, dann aber habe man kaum eine Chance, die bis zu zwei Meter entfernte Schachttür im darüber liegenden Stockwerk zu erreichen. Selbst wenn dies gelänge, ist sie üblicherweise verriegelt und kann von innen nicht geöffnet werden.

Allein schon auf das Dach der Liftkabine zu gelangen, ist ein Kunststück, das vor allem in Actionfilmen gelingt. Denn in Deutschland haben Aufzüge in der Regel keine Ausstiegsluken. Diese werden nur auf Kundenwunsch eingebaut und sind verriegelt. Dafür gibt es unterschiedliche Mechanismen: Manche können nur mit einem Schlüssel geöffnet werden, andere mit einem Dreikant. Etwa 50 mal 50 Zentimeter groß sind die Klappen. Die mit einem Dreikant bestückten Klappen können allerdings mit etwas Geschick und der Hilfe eines Multifunktionswerkzeugs geöffnet werden. Steht die Klappe offen, ist der Lift zur Bewegungslosigkeit verdammt. Über einen Sensor wird der Fahrstrom gekappt.

Bleibt der Lift stecken, sollte man ruhig bleiben, den Notknopf drücken und abwarten, bis sich die Notrufzentrale meldet, die weitere Verhaltensanweisungen gibt. Sollte die Verbindung dorthin beispielsweise wegen eines Totalausfalls des Stromnetzes unterbrochen sein, dann müsse man auf sich aufmerksam machen. Schreien, rufen, klopfen, trampeln sind in solchen Fällen, bei denen alle technischen Kommunikationsmöglichkeiten versagen, die geeigneten Mittel, um die Retter zu alarmieren. weso

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