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Berlin: Ausgerechnet die Kirche setzt sich dafür ein, tote Hohenzollern in den Berliner Dom umzubetten

Auch die Gebeine des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. sollten in die Hohenzollerngruft im Berliner Dom umgebettet werden.

Auch die Gebeine des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. sollten in die Hohenzollerngruft im Berliner Dom umgebettet werden. Dafür hat sich jetzt der Präsident des Kirchenbüros der Evangelischen Kirche der Union und Vorsitzende des Domverwaltungsrates, Wilhelm Hüffmeyer, ausgesprochen. Wilhelm II. ist im holländischen Doorn begraben, wo er 1941 im Exil starb. Laut Hüffmeyer wurde nach seinem Tod die Zuständigkeit für die Gruft von der Hohenzollern-Familie auf die Kirche übertragen.

Derzeit gebe es erst einmal die Anregung, den "Soldatenkönig" Friedrich Wilhelm I. von Potsdam nach Berlin zu überführen, sagte Hüffmeyer. Doch auch die Gebeine von Wilhelm II. seien in die Überlegungen über die Zukunft der Domgruft miteinzubeziehen. "Das ist ja sein Bau, da liegt das nahe", sagte Hüffmeyer. Bislang lägen erst zwei der neun preußischen Könige dort. Bei einigen, so Hüffmeyer, verbiete es sich aber, sie in zukünftige Planungen miteinzubeziehen, da sie vor ihrem Tod ausdrückliche Willensbekundungen abgelegt hätten, wo sie liegen wollten - wie etwa Friedrich der Große, der verfügt hatte, in Sanssouci begraben zu werden.

Grundsätzlich, so Hüffmeyer, müssten jedoch sowieso alle Pläne mit den zuständigen Gremien abgesprochen werden. Dazu gehörten die Verwaltung der Preußischen Schlösser und Gärten, der Senat und die Hohenzollern-Familie. Wo es bei den Hohenzollern historisch sinnvoll erscheine, lohne es sich aber, über eine Umbettung nachzudenken. Dies ist seiner Meinung nach im Falle des Soldatenkönigs und bei Wilhelm II. der Fall. "Ich glaube, der Familie ist auch daran gelegen, dass ihre Angehörigen an nicht zu vielen verschiedenen Orten ihre letzte Ruhe finden." Bei der Eröffnung der neu restaurierten Gruft an diesem Wochenende hatten sich Vertreter der Familie positiv zu den Überlegungen geäußert. "Eine gewisse Zusammenführung scheint denen einzuleuchten", sagte Hüffmeyer. Man solle zwar gewachsene Traditionen nicht gewaltsam zerstören, doch stelle sich die Frage, warum der letzte deutsche Kaiser "auf ewig in Doorn" liegen solle.

Keinen Handlungsbedarf sieht derzeit der Geschäftsführende Pfarrer der Domgemeinde, Friedrich Wilhelm Hünerbein. "Ich denke, der Berliner Dom kann auch ganz gut ohne weitere Beerdigungen leben. Die Gruft spricht auch so für sich." Man solle jetzt "im Eifer des Gefechts nichts vom Zaun brechen".

Wolfgang Wippermann, Historiker an der FU, betrachtet die Überlegungen um die Umbettungen sogar mit Argwohn. Grundsätzlich begrüße er es, wenn man sich eine geschichtliche Identität zulegen wolle; die Hohenzollern seien dafür jedoch nicht geeignet. Wilhelm II. sei ein Repräsentant des alten Systems, das keineswegs eine parlamentarische Monarchie gewesen sei. Auch unter seinen Historikerkollegen beobachte er Tendenzen, das Kaiserreich zu verharmlosen. Es gebe derzeit eine "merkwürdige Nostalgie zu einer nicht-demokratischen Staatsform", so Wippermann. Man könne aber nicht so tun, als sei das Kaiserreich "romantisch" gewesen; es habe sich dabei um ein autoritäres Regime gehandelt, das zu Recht gestürzt wurde.

Alexander Pajevic

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