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Berlin: Banken schöpfen schneller Geldwäsche-Verdacht

Dem Bankangestellten quollen die Augen über, als das unauffällige Rentnerehepaar den abgewetzten Koffer öffnete: Säuberlich gebunden lagen darin Banknoten unterschiedlichen Werts, insgesamt rund 1,3 Millionen Mark. Das betagte Paar wollte die Mark in Euro tauschen und landete bei der Kriminalpolizei.

Dem Bankangestellten quollen die Augen über, als das unauffällige Rentnerehepaar den abgewetzten Koffer öffnete: Säuberlich gebunden lagen darin Banknoten unterschiedlichen Werts, insgesamt rund 1,3 Millionen Mark. Das betagte Paar wollte die Mark in Euro tauschen und landete bei der Kriminalpolizei. Der Banker hatte, wie es bei Beträgen ab 30 000 Mark seine Pflicht war, eine Anzeige wegen des Verdachts der Geldwäsche erstattet.

Die Ermittlungen der Kripo entlasteten die Rentner. Es waren deren versteuerte Ersparnisse, die anschließend auch anstandslos in Euro getauscht wurden. Weniger Glück hatte ein zweites Ehepaar, ebenfalls Rentner, die ihren aus etwa zwei Millionen Mark bestehenden Sparstrumpf in Euro tauschen wollten. Dieses Ehepaar wurde vom Finanzamt kräftig zur Kasse gebeten, weil sich herausstellte, dass ein Teil des Geldes an der Steuer vorbei gespart worden war.

Das waren nur zwei von 112 Geldwäscheanzeigen in den ersten sieben Wochen dieses Jahres. Im gesamten Jahr 2001 gingen bei der Polizei 266 derartige Anzeigen ein, sagte der im Landeskriminalamt (LKA) auch für Geldwäscheermittlungen zuständige Abteilungsleiter Uwe Schmidt. Er rechnet für dieses Jahr mit einem deutlich höheren Anzeigenaufkommen. Hintergrund für die Mehrzahl dieser Anzeigen dürfte der Währungswechsel sein. Von den 112 Anzeigen hatten Schmidt zufolge über 70 einen "relativ eindeutigen Euro-Bezug" - DM-Beträge unklarer Herkunft sollten im Trubel der Umstellung möglichst unbemerkt in Euro getauscht werden.

Mit der Währungsumstellung zu Jahresbeginn sahen die Ermittler nicht nur eine Chance für Geldwäscher, sondern auch eine gute Möglichkeit, Gelder aus Straftaten abzuschöpfen. Aber weit gefehlt: "Wir sind erstaunt, dass so wenig passiert ist", räumte Schmidt ein. Aus dem Überfall auf die Commerzbank in Schlachtensee im Sommer 1995 fehlen beispielweise noch immer mehrere Millionen Mark. Die Täter, die über Stunden hinweg 16 Geiseln in ihrer Gewalt hatten, erpressten von der Polizei 5,6 Millionen Mark Lösegeld und verschwanden anschließend durch einen selbstgegrabenen Tunnel. Von den registrierten Scheinen sind nur wenige wieder aufgetaucht.

Vermutlich wurde das Geld längst "gewaschen". Die Täter sitzen seit mehreren Jahren in Haft. Selbst wenn ein Komplize die registrierten Scheine zu einer Bank gebracht hätte, wäre ihm das Geld wahrscheinlich anstandslos umgetauscht worden. Die Banken erhielten vom Bundeskriminalamt in Wiesbaden die Nummern registrierter Scheine auf CD-Rom gebrannt. Welcher Bankangestellte mag im Umtauschtrubel im Dezember und Januar schon die Zeit gehabt haben, jede Geldscheinnummer zu vergleichen? Andererseits sei die "Qualität der Verdachtsanzeigen durch die Banken gestiegen", sagte Schmidt. Offenbar, so seine Vermutung, entwickelten die Banken ein Raster, um verdächtige Geldtransfers herauszufiltern. So sei nicht nur ein türkischer Gemüsehändler aus Kreuzberg aufgefallen, auf dessen Konto mehrere Beträge zwischen 50 000 und 70 000 Mark landeten - Summen, die kaum mit dem Obst- und Gemüseverkauf zusammengekommen sein dürften - sondern es seien auch in einem zweitem Fall eine Reihe von Einzahlungen aufgefallen, die deutlich unterhalb des Geldwäschebetrags lagen. Allerdings seien innerhalb kurzer Zeit mehrere Einzahlungen auf dasselbe Konto erfolgt, was die Bank veranlasste, die Kripo zu informieren.

Insgesamt 116,5 Millionen Mark zogen die Finanzermittler seit 1999 von mutmaßlichen Kriminellen ein, auf 23,3 Millionen Mark stießen die Ermittler laut Schmidt durch Verdachtsanzeigen der Banken.

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