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Bankenskandal: Das Parlament sah den Verkauf der Berliner Immobilien Holding misstrauisch - vor fünf Jahren

Vor fünf Jahren wollte das Parlament auf Nummer sicher gehen: Beim Verkauf der Bankgesellschafts-Immobilien sollte der britische Investor auch die Landesgarantien übernehmen. Was Ulrich Zawatka-Gerlach damals schrieb.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der geplante Verkauf der landeseigenen Berliner Immobilien Holding (BIH) an den britischen Finanzinvestor Altyon wird nicht nur von der Opposition, sondern auch von den Regierungsfraktionen SPD und Linke misstrauisch beäugt. Die BIH betreut 29 Immobilienfonds, die den Berliner Bankenskandal auslösten. Deren milliardenschwere Finanzrisiken müssten beim Verkauf „komplett auf den Investor übergehen“, sagte der stadtentwicklungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Daniel Buchholz. Die Haushaltsexpertin der Linken, Jutta Matuschek, forderte am Freitag eine „möglichst weitgehende Risikoübernahme“.

Auf den Fonds lasten noch Kredite von 4,155 Milliarden Euro. Der größte Gläubiger ist mit 3,549 Milliarden Euro die 2007 privatisierte Landesbank Berlin. Die Darlehen sind über Garantien des Landes Berlin abgesichert. Der potenzielle Käufer will dem Vernehmen nach die Landesgarantien nicht voll übernehmen. Die Finanzverwaltung des Senats erklärte dazu nur: „Es bestehen zwei Möglichkeiten. Entweder trägt das Land Berlin weiterhin Risiken in nicht bezifferbarer Höhe oder es wird ein Investor an den Risiken und Chancen beteiligt.“ Auch CDU, Grüne und FDP erwarten, dass Berlin nicht auf den Garantien für faule Kredite sitzen bleibt. In diesem Fall werde die FDP nicht zustimmen, erklärte deren Fraktionschef Christoph Meyer. Entscheidend sei die Frage der Risikoübernahme, sagte auch der CDU-Haushälter Florian Graf und der Grünen-Finanzexperte Jochen Esser erwartet, „dass der potenzielle Käufer genügend Eigenkapital mitbringt, um finanzielle Risiken der Fondsimmobilien selbst absichern zu können“.

Grundsätzlich wären alle Fraktionen im Parlament froh, wenn Berlin die teuren Restbestände der Bankenaffäre kurzfristig loswerden könnte. Die Berichterstattung des Tagesspiegels, dass die Verhandlungen mit Altyon vor dem Abschluss stehen, bestätigte die Finanzverwaltung nicht. Man werde „zu gegebener Zeit die Öffentlichkeit informieren“. Senatssprecher Richard Meng sprach davon, dass „die Sache im Herbst politisch geklärt wird“. Entscheidend ist nicht die Zustimmung des Senats, sondern des Landesparlaments zum Vermögensgeschäft. Es handelt sich um eine der größten Transaktionen auf dem deutschen Immobilienmarkt seit Jahren. Zum Verkauf stehen mehr als 40 000 Wohnungen und Gewerberäume mit einer Fläche von 4,8 Millionen Quadratmetern.

Um die fast 20 000 Wohnungen und Appartements in Berlin wird es auch koalitionsintern Diskussionen geben. Obwohl es sich nicht um kommunale Wohnungsbestände handelt, sehen Wohnungspolitiker von SPD und Grünen den Senat in der Verantwortung. Denn die Fonds gehören inzwischen weitgehend dem Land Berlin. Der SPD-Abgeordnete Michael Arndt forderte für den Verkauf der BIH eine „Präzisierung des Mieterschutzes“. Der Grünen-Politiker Andreas Otto plädierte dafür, die Bestände der BIH „für die Versorgung einkommensschwächerer Haushalte zu nutzen“. Der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, warf dem Senat vor, einen ausreichenden Mieterschutz nicht in den Kaufvertrag aufnehmen zu wollen. Das sei bereits signalisiert worden.

Die Vorsitzenden der Regierungsfraktionen, Michael Müller (SPD) und Udo Wolf (Linke), hielten sich gestern sehr bedeckt. Dem Vernehmen nach sollen sie als Erste über den noch geheimen Vertragsentwurf informiert werden, sobald er – unter notariellem Vorbehalt – unterschrieben ist. In Kenntnis des derzeitigen Verhandlungsstands soll Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer intern starke Bedenken geäußert haben. Der Regierende Klaus Wowereit (SPD) steht angeblich hinter seinem Finanzsenator und dem BIH-Verkauf, trotzdem habe er noch „politische Bauchschmerzen“, ist aus Regierungskreisen zu hören.

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren"

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