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Hanno Müller-Brachmann unterstützt die Sanierung der Philippuskirche.

© Doris Spiekermann-Klaas

Bassbariton Hanno Müller-Brachmann: "Die Kirche im Dorf"

Hanno Müller-Brachmann ist Opernsänger und lebt in Friedenau. An seinem Kiez hat er kaum etwas auszusetzen: "Fast alles, was man Ungutes über Berlin sagen kann, trifft hier ja nicht zu."

So ist Friedenau: Schmale Straßen mit viel Grün und prächtigen Bürgerhäusern. Der Weg führt zu einem besonders schmucken Bau mit reichlich Neorenaissance-Stuck an Balkonen und Erkern. Im pragmatisch bepflanzten Vorgarten drängen sich ein Dutzend Drahtesel im Fahrradständer. Kaum wird auf der edlen Messing-Klingelplatte der Knopf bei „Müller-Brachmann“ gedrückt, ertönt aus luftiger Höhe auch schon eine klangvolle Baritonstimme: „Ich komme!“ Kein Zweifel: Hier wohnt der Opernsänger Hanno Müller-Brachmann, in den vergangenen 13 Jahren eine der Stützen von Daniel Barenboims Staatsopern-Ensemble, weltweit gefragter Solist und ab dem Wintersemester nun auch Professor an der Musikhochschule Karlsruhe.

Als Erstes führt der Spaziergang in Richtung „Trattoria del Corso“ an der Haupt-, Ecke Hähnelstraße. „Das ist nicht nur unser Familien-Italiener“, erzählt Müller-Brachmann, „sondern auch ein beliebtes Mittagsziel für meinen Pianisten und mich, wenn wir nach einer zweistündigen, intensiven Probe bei uns in der Wohnung dringend eine Pasta zur Stärkung brauchen.“ Wer berufsbedingt so viel unterwegs sein muss wie der Sänger, weiß es besonders zu schätzen, wenn er an den raren freien Abenden zum Essengehen seinen Kiez nicht verlassen muss. Und wenn es in fußläufiger Entfernung tatsächlich noch echten Einzelhandel gibt, inhabergeführte Fachgeschäfte wie den gut sortierten Weinhändler, den Blumenladen, der zu keiner Großhandelskette gehört, die Konditorei, wo noch selber gebacken wird. Und jede Menge Antiquitätenhändler, bei denen Hanno Müller-Brachmann gerne stöbert: „Da drüben in der Hedwigstraße habe ich neulich einen wunderschönen Notenständer aus dem Jahr 1870 erstanden.“

Als der erste Sohn geboren wurde, sind sie aus Kreuzberg hier hergezogen, der Opernsänger und seine Frau, die als Ärztin arbeitet. Mittlerweile haben sie drei Kinder. Saubere Spielplätze gibt es in ihrem Viertel an fast jeder Ecke. Bolzen kann man am Perelsplatz – mit anschließendem Besuch in der Eisdiele. Die ist in einem umgebauten Pissoir aus Kaiserzeiten untergebracht. Nur bei der Schulwahl hatten Müller-Brachmanns weniger Glück: 60 Prozent Ausländeranteil – das überrascht dann doch in dieser Gegend, findet er. Der Bariton ist sich sicher, dass allen das Lernen leichter fallen würde, wenn die Kinder mit Migrationshintergrund gleichmäßig über die Stadt verteilt würden. Dass er seine Kinder nun auf eine Privatschule schickt, nennt er eine „Notlösung“.

Sonst aber hat der 40-jährige Opernsänger wenig an seinem Kiez auszusetzen. „Fast alles, was man Ungutes über Berlin sagen kann, trifft hier ja nicht zu.“ Bitter sei natürlich, dass der Bezirk 2012 das Rathaus Friedenau am Breslauer Platz verkaufen will, um die Betriebskosten von jährlich einer Million Euro einzusparen. Doch solange das Gebäude mit dem markanten Turm nicht abgerissen wird, hat er Verständnis für die Nöte der Stadt. Ein Manko fällt ihm dann aber doch ein: An der Hauptstraße, an der Einmündung Stierstraße, müsste dringend eine Ampel her oder mindestens ein Zebrastreifen. Weil dort Kirchenbesucher über die viel befahrene Straße müssen und auch Eltern, die ihren Nachwuchs zur Kita der Philippus-Gemeinde bringen.

Dass die vor zwei Jahren durch winterliche Schneemassen in ihrer Statik zerrüttete evangelische Kirche saniert werden kann, ist auch dem bürgerschaftlichen Engagement von Hanno Müller-Brachmann zu verdanken. Als er hörte, dass der Sechziger-Jahre-Bau wegen Einsturzgefahr von der Baupolizei geschlossen worden war, organisierte er mit seinen Künstlerfreunden eine ganze Serie hochkarätiger Benefizkonzerte.

Vor kurzem haben die Sanierungsarbeiten begonnen. „Wie schön“, sagt Hanno Müller-Brachmann und lacht wieder sein melodisches Bariton-Lachen, „nun kann die Kirche im Dorf bleiben.“

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