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Berlin: Bauchtanz und Besinnung im Ballhaus

Das musste eine Verwechslung sein. Unmöglich konnte Sükran Ezgimen eine türkische Einwanderin der ersten Stunde sein.

Das musste eine Verwechslung sein. Unmöglich konnte Sükran Ezgimen eine türkische Einwanderin der ersten Stunde sein. Eine der ersten also, die nach dem am 30. Oktober 1961 zwischen Deutschland und der Türkei vereinbarten Anwerbeabkommen an die Spree kam. Eine von denen, die am Dienstag Abend im Ballhaus in der Kreuzberger Naunynstraße von Arbeitssenatorin Gabriele Schöttler für ihren Beitrag zum Wohlstand der Bundesrepublik Deutschland geehrt werden sollten. Mit ihrem wallendem langen Haar, bauchfrei im engen schwarzen Kleid sah sie aus wie Mitte dreißig und keinesfalls wie eine der Türkinnen, die nach 40 Jahren Arbeit in Deutschland das Rentenalter erreicht haben müssten. Ungläubiges Kopfschütteln, als sie erklärt, sie sei 1966 nach Deutschland gekommen, um bei Siemens zu arbeiten. Später habe sie sich zur Krankenschwesterhelferin weiterbilden lassen und auch als Erzieherin und Dolmetscherin gearbeitet, bevor sie ihr eigenes Tanzstudio eröffnete. Unter den Geehrten, die der Türkische Bund (TBB) mit Hilfe von Familien und Medien ausfindig machte, war auch der Elektriker Sehmuz Kargi, die Sozialpädagogin Idil Lacin, der Flügel- und Klaviertechniker Kadir Albay und der Erzieher Hasan Tezcan. Alle bekamen eine Ehrenurkunde, einen Restaurantgutschein für zwei Personen und eine Kaffeemaschine oder einen Wasserkocher. Niemand habe vor 40 Jahren geglaubt, dass der Aufenthalt in Deutschland von Dauer sein würde, sagte TBB-Sprecherin Eren Ünsal. Viele hätten den Gedanken an die Rückkehr nur unter großem Leid aufgegeben. Mittlerweile jedoch lebten die Türken hier schon in vierter Generation und seien zu einer anerkannten und selbstbewussten Bevölkerungsgruppe geworden. Zum Schluss versetzte Sükran Ezgimen mit ihrem Bauchtanz die Zuschauer ein weiteres Mal in Erstaunen und füllte die Worte von Ünsal voll mit Leben.

akl

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