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Berlin: Bei der Bahn ist nur der Kunde der Dumme

Wenn der Fahrgast den Zug verpasst, muss er draufzahlen – auch wenn wegen Verspätungen der Anschluss nicht klappt. Eine Irrfahrt nach Berlin

Auch das neue Preissystem der Bahn hat seine Tücken. Wenn der Kunde sich nicht an die Spar- und Plan-Vorgaben mit der Festlegung auf bestimmte Züge hält, muss er draufzahlen. Lässt die Bahn einen Anschluss platzen, ist es höhere Gewalt, und der Kunde bleibt der Dumme. Wie bei der Fahrt von Heilbronn nach Berlin, bei der so gut wie alles schief gegangen ist.

Gebucht – und bezahlt - war ein ICE von Würzburg nach Nürnberg. Doch der Regionalzug aus Heilbronn hatte 20 Minuten Verspätung, und der ICE war weg. Also ging es statt im klimatisierten ICE mit dem aufgeheizten Regionalexpress weiter. Hier zeigt sich die Bahn noch großzügig. Wer einen teureren Fahrschein kauft, aber einen billigeren Zug nutzt, muss nicht draufzahlen. Geld zurück gibt es aber auch nicht.

Auf halber Strecke lässt die Bahn die Fahrgäste dann richtig schwitzen. 30 Minuten steht der Zug in der prallen Sonne, ehe die erste Durchsage kommt, dass die Strecke wegen eines Böschungsbrandes gesperrt sei. Nach 15 Minuten geht es weiter - aber nur bis zum nächsten Bahnhof. Jetzt heißt es Umsteigen in den Bus. Vor dem Bahnhof warten die Fahrgäste auf den „Ersatzverkehr“, und die Sonne knallt weiter vom Himmel. Weil die Bahn ein Serviceunternehmen ist, lässt sich auch kein Mitarbeiter blicken. Als fast alle Fahrgäste im einzigen gekommenen Bus dann wenig Platz gefunden haben, geht’s zurück in den Zug, der nun doch weiterfährt. Mit zwei Stunden Verspätung erreicht er Nürnberg, aber der geplante Termin ist geplatzt; der vorgesehene mehrstündige Aufenthalt damit hinfällig.

Den Wunsch, mit dem Plan- und Spar- Fahrschein nun mit einem früheren Zug als gebucht weiterzufahren, lehnt die Bahn ab. Auch der Hinweis, dass es die Verspätungen der Bahn waren, die den Termin scheitern ließen, beeindruckt die Mitarbeiter nicht. Und überhaupt: Bis Berlin gebe es im früheren Zug ohnehin nur noch Stehplätze; er sei völlig überfüllt. Früher hätte die Bahn in einem solchen Fall einfach einen weiteren Waggon an den Zug gekoppelt, doch beim modernen ICE geht das nicht. Auch zwei Stunden später werde es nicht besser aussehen.

So bleibt nur der gebuchte Zug, der vier Stunden später fährt und für den eine Platzkarte vorhanden ist. Beim Weg zum Sitz versperrt dann aber der Zugbegleiter den Gang. Weitergehen sei zwecklos, alle Plätze seien belegt. Und die Platzkarte? Die könne man sich erstatten lassen. Punkt. Also stehen bis Berlin? Ja. Die einfache Erklärung: Es war der Zug, der bereits vor zwei Stunden fahren sollte. Wegen einer defekten Oberleitung stand er aber so lange im Bahnhof herum. Dabei hatten die Fahrgäste dieses Zuges sogar noch Glück. Als er weit nach Mitternacht am Bahnhof Zoo eintraf, kam wenige Minuten nach ihm auch der ICE an, der vier Stunden vorher in Nürnberg hätte abfahren sollen. Wo er sich aufgehalten hatte, blieb ein Rätsel.

Wegen der Verspätungen hatte die Bahn zum Schluss immerhin Gutscheine im Wert von 25 Euro verteilt. Ein schlechtes Geschäft macht sie dabei nicht unbedingt. Die Gutscheine gelten nur zwei Monate beim Kauf eines neuen Fahrscheins. Und wer will nach einer solchen Fahrt schon so schnell wieder in einen Zug steigen? So werden die meisten „Pünktlichkeits“-Gutscheine, die es wegen der Unpünktlichkeit gegeben hat, wohl verfallen. Zum Wohle der Bahn.

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