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Berlin: Belästigung oder nicht? - Obdachlosenzeitung beschuldigt BVG der Verleumdung

Das Hickhack zwischen der BVG und der Obdachlosenzeitung "Motz" um die Frage, wo der Verkauf des Blattes erlaubt sein soll, geht weiter. In der aktuellen Ausgabe der Motz heißt es, die BVG betreibe eine "Verleumdungskampagne" gegen die Zeitung, von deren Erlös pro Stück 1.

Das Hickhack zwischen der BVG und der Obdachlosenzeitung "Motz" um die Frage, wo der Verkauf des Blattes erlaubt sein soll, geht weiter. In der aktuellen Ausgabe der Motz heißt es, die BVG betreibe eine "Verleumdungskampagne" gegen die Zeitung, von deren Erlös pro Stück 1.50 Mark an die wohnungslosen Verkäufer gehen.

In einem Brief an Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) hatte der Vorstandsvorsitzende der BVG, Rüdiger vorm Walde, am 22. September geschrieben, der eingetragene Verein "Motz & Co." entbehre der Gemeinnützigkeit. Er strebe diese aus Gewinninteressen auch nicht an, vermutete vorm Walde. Für die BVG ist die Gemeinnützigkeit jedoch Voraussetzung, um dem Verkauf an bestimmten Stellen zuzustimmen. Der Verein und die BVG wollen sich demnächst zu einem Gespräch treffen.

Motz & Co.-Vorstandsmitglied Helmut Gispert sagte, der Verein sei rückwirkend zum 1. 1. 99 als gemeinnützig anerkannt worden, nachdem er "drei Jahre dafür gekämpft" habe. Gispert sieht nun den Ruf der Straßenzeitung und damit den Bestand einer Notunterkunft in der Tieckstraße in Gefahr, die ausschließlich mit Spenden finanziert werde. Von den 50 Pfennig, die der Verein pro Exemplar einnehme, "können wir keinen Gewinn erzielen", sagte er. BVG-Sprecherin Barbara Mansfield sagte, sie habe den Verein Mitte Oktober ohne Erfolg gebeten, ihr eine Kopie des Anerkennungs-Bescheides zu schicken.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist die Frage, ob die BVG den Verkauf von Obdachlosenzeitungen in ihren Bahnhöfen und Zügen billigen sollte. Mit dem Konkurrenzblatt, der "Straßenzeitung" des als gemeinnützig anerkannten Vereins "Mob", hatten BVG, Bahn AG und die S-Bahn Berlin GmbH vor wenigen Wochen einen Vertrag unterzeichnet, wonach diese Obdachlosenzeitung ausschließlich an Zugängen und Übergängen von 65 U-, S- und Fernbahnhöfen verkauft werden darf. Nach Auffassung der Unternehmen verstößt der Vertrieb in den Fahrzeugen und auf den Bahnsteigen gegen die Beförderungsbedingungen des Verkehrsverbundes. Innoffiziell werden Motz-Verkäufer bei der BVG nach Angaben des Vereins in der Regel jedoch weiter geduldet. Auf S-Bahn-Terrain werden sie vom Wachpersonal aus den Zügen verwiesen. Die Bundestagsmitglieder Rüdiger Veit (SPD), Petra Pau (PDS) und Stadtentwicklungssenator Strieder sprachen sich dafür aus, den Verkauf der Motz in Zügen und auf Bahnhöfen weiter zu tolerieren. In seiner Antwort an Strieder schrieb der BVG-Vorstandsvorsitzende hingegen, der soziale Ansatz der Projekte sei zwar "unbestritten", viele Fahrgäste fühlten sich von den Verkäufern in der U-Bahn jedoch bedrängt. Das "Ausgeliefertsein" habe "negative Auswirkungen auf das subjektive Sicherheitsempfinden" der Fahrgäste. Der Verkauf "auf Bahnsteigen und in Bussen und Bahnen" sei "nicht akzeptabel und auch nicht notwendig". Der soziale Zweck könne auch anders erreicht werden. Im Brief des Stadtentwicklungssenators heißt es, er fühle sich durch Motzverkäufer in der U-Bahn "weder belästigt noch bedroht".

Durch einen mit dem von "Mob" vergleichbaren Vertrag würden "die Verkäufer ihrer Verkaufsstellen beraubt" fürchtet Motz-Vorstandsmitglied Gispert. "Der Erlös für die Leute würde mit Sicherheit gewaltig heruntergehen". Bei der "Straßenzeitung" heißt es allerdings, die Umsätze seien trotz des Vertrages gleich geblieben.

Tobias Arbinger

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