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Gesetzlos soll das Berghain sein. Das passt der AfD nicht und sie fordert die Schließung.

© Mike Wolff

Update

Berlin-Friedrichshain: AfD zieht Antrag auf Berghain-Schließung zurück

Weiterfeiern: Die AfD-Fraktionsvize in Friedrichshain-Kreuzberg forderte, Berlins berühmtesten Club Berghain dichtzumachen. Nun macht die Partei einen Rückzieher.

Also doch nicht: Der Antrag der AfD gegen den Berliner Club „Berghain“ hatte Hohn und Spott geerntet - und ist nun zurückgezogen worden. Das sagte der Sprecher des AfD-Landesverbands, Ronald Gläser, der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag. „Die AfD ist keine Verbotspartei.“ Zuvor hatte Sibylle Schmidt, die zwar parteilos ist, aber für die AfD als stellvertretende Fraktionsvorsitzende in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg sitzt, gefordert, den Betreibern des Berghains die gewerberechtliche Erlaubnis zu entziehen. Das heißt auf Deutsch: Berlins berühmtester Club sollte in seiner jetzigen Form nicht mehr existieren dürfen. Dies geht aus einem Antrag vom Dienstag hervor, den der Linken-Politiker Maximilian Schirmer auf Twitter verbreitete.

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Was Schmidt am Berghain stört? "Drogen aller Art werden konsumiert und können leicht erworben werden", schreibt Schmidt in ihrem Antrag. "Durchgängige Öffnungszeiten fordern den Gebrauch wach haltender Substanzen geradezu heraus." Aber das ist in den Augen der Politikerin nicht das einzige Problem: Dass Menschen dort Sex haben, ist ebenfalls nicht in ihrem Sinne. "Schon 2010 wurde von mehreren AIDS Infizierungen gesprochen." Medizinisch korrekt wären übrigens HIV-Infizierungen, aber das scheint eine untergeordnete Rolle zu spielen.

Unintelligent und unansehnlich

Was sie an Berlins berühmtesten Club stört? Vor allem die langen Öffnungszeiten und der damit einhergehende Drogenkonsum: „Es kann nicht gesund sein, wenn in Berlin Touristen am Freitag ohne Schlafplatz anreisen und sich bis Montag künstlich wachhalten.“ Ob Sibylle Schmidt selber je im Berghain war? „Ich bin zwei- bis dreimal jährlich unbeanstandet zum Tanzen eingelassen worden. Architektur und Akustik sind einzigartig. Das Programm in der Panoramabar gefällt mir gut, weil der Sound melodiöser ist“, sagt sie. Und trotzdem, so wie das Berghain ist, soll es ihrer Meinung nach nicht bleiben. Die Türsteher seien „unintelligente und unansehnliche Wichtigtuer“, die das zahlungswillige Publikum absichtlich fernhalten. Und dass der Club Gesetze einfach ignoriert und dies geduldet wird, sei ein nicht hinnehmbarer Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Clubs.

Schaut man in Schmidts Biografie wundert der Antrag noch mehr. Sie selber führte in den 1980er-Jahren einen legendären Club: das Blockshock, in dem vor allem Punk-Bands spielten, und das so laut, dass sie die Location in der Mariannenstraße räumen musste. Es folgten Partys im SO36, Konzerte gegen Rechts und vor der Wende schmuggelte sie Bands in die DDR.

Die schärfsten Kritiker der Elche waren früher selber welche.

schreibt NutzerIn kaplan

Ihre letzte Station als Clubbetreiberin hatte sie in den 1990er-Jahren mit der Tanzschule Schmidt in Mitte. Allerdings machten die Gäste immer wieder Probleme: 1997 kam es zu Krawallen zwischen Besuchern und der Polizei. Sie schmissen Steine auf Autos und legten den Straßenbahnverkehr lahm. Der damaligen Baustadträtin wurde das zu viel und sie ordnete die sofortige Schließung an: Schmidt hätte in dem Baudenkmal gar keine "Vergnügungsstätte" betreiben dürfen. Danach wurde es still um Sibylle Schmidt, sie arbeitete für die taz, und kandidierte dann plötzlich parteilos für die AfD. Über ihren Wandel berichtete der Tagesspiegel bereits.

Die Berliner AfD-Fraktion unterstützte diesen Antrag sowieso nicht. Per Twitter dementierte der Parlamentarische Geschäftsführer Frank Hansel, dass Schmidt ein AfD-Mitglied sei. Sie sitze zwar für die AfD in Berlin, sei aber parteilos.

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Im Berghain werde Licht

Gänzlich wollte Sibylle Schmidt das Berghain übrigens eh nicht schließen: Es sollten andere Betreiber nachfolgen dürfen, allerdings mit strengen Regeln: Öffnen hätte der Club nur noch zwischen 22 Uhr und 6 Uhr morgens sollen, "um einen drogenfreien Besuch unter Berücksichtigung eines natürlichen Biorhythmus' zu ermöglichen". Und der Darkroom sollte nicht länger dunkel sein, durch Beleuchtung und Personal sollten die Besucher von sexuellen Handlungen abgehalten werden. Außerdem hätten die Betreiber laut Schmidt "Nachhilfe in Ablauforganisation und Musikprogramm" gebraucht und sollten sich diese gefälligst bei funktionierenden Clubs in Manchester, London, Rio oder auf Sardinien holen.

Am 24. April sollte sich die Bezirksverordnetenversammlung mit dem Antrag auseinandersetzen - da hat sich nun erledigt. (mit dpa)

Julia Kopatzki

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