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Lala Süsskind

© dpa

Berlin: Lala Süsskind neue Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde

Die seit vielen Jahren zerstrittene Jüdische Gemeinde Berlins setzt auf einen Neuanfang: Mit Lala Süsskind steht jetzt erstmals eine Frau an der Spitze von Deutschlands größter jüdischen Gemeinde.

Lala Süsskind, die langjährige Vorsitzende der jüdischen Frauenorganisation Wizo löst Gideon Joffé ab, der dem Vorstand nicht mehr angehört. In der konstituierenden Sitzung des Gemeindeparlaments wählten die Mitglieder zunächst den fünfköpfigen Vorstand, der aus seiner Mitte die Vorsitzende bestimmte. Die Entscheidung für Süsskind galt als Formsache, weil das sie stützende Bündnis "Atid" (Zukunft) aus dem Urnengang zur sogenannten Repräsentantenversammlung im November als klarer Sieger hervorgegangen war. Es besetzt dort 13 der 21 Sitze.

Die Gruppe "Tachles" um den bisherigen stellvertretenden Gemeindechef Arkadi Schneiderman, in dem Kritiker einen der Hauptunruhestifter sehen, war dagegen vor drei Monaten gescheitert. Einige seiner Mitstreiter hatten das Ergebnis wegen angeblicher Rechtsverstöße angefochten, blieben mit ihren Forderungen nach einer Neuwahl aber erfolglos.

Mit der 61-Jährigen verbinden sich viele Hoffnungen auf einen anderen Umgangsstil. Sie selbst sieht den Erhalt der Einheitsgemeinde und die Überwindung der Grabenkämpfe als ihre wichtigste Aufgabe. Mitstreiter bescheinigen ihr Teamfähigkeit und Durchsetzungsvermögen.

Querelen in der Glaubensgemeinschaft

Eines der Hauptprobleme wird in der Zusammensetzung der Gemeinde gesehen, die mittlerweile zu rund 80 Prozent aus osteuropäischen Zuwanderern besonders der ehemaligen GUS-Staaten besteht. Ein Teil der alteingesessenen Juden wirft den Immigranten vor, aus der Glaubensgemeinschaft einen russischen Kulturverein machen zu wollen. Im vergangenen Jahr hatten einige von ihnen mit einer Spaltung der Gemeinde gedroht.

Mehrere Amtsvorgänger Süsskinds wurden Opfer der Auseindersetzungen, die häufig in persönliche Diffamierungen ausarteten und auch vor einstigen Bündnispartnern nicht Halt machten. Joffé war noch kurz vor der Wahl zur Repräsentantenversammlung knapp einem Abwahlantrag entgangen. Er übernahm das Amt, nachdem Albert Meyer Ende 2005 nach nur knapp zwei Jahren das Handtuch geworfen hatte. Meyer begründete seinen Schritt damals mit unerträglichen Angriffen auf sein Renommee als Anwalt und Versuchen, seine bürgerliche Existenz zu zerstören. Ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue war 2007 eingestellt worden.

Andere prominente Juden wie der Historiker Julius H. Schoeps haben der Gemeinde bereits den Rücken gekehrt. Der Direktor des Moses-Mendelssohn-Zentrums für europäisch-jüdische Studien in Potsdam kritisierte ebenfalls, dass viele Zuwanderer "keine religiöse Bindung" hätten. Auch viele von denen, die bisher geblieben sind, halten das Klima in der Gemeinde für "unerträglich". Sie setzen aber
auf Verständigung zwischen den widerstreitenden Interessen statt auf Spaltung. Mit rund 12.000 Mitgliedern ist die Jüdische Gemeinde Berlins die größte in Deutschland. (jam/ddp)

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