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Berlin: S-Bahn fuhr Züge ohne Zulassung

Bei der S-Bahn gibt es eine weitere Sicherheitspanne. Das Unternehmen darf deshalb die bereits aus dem Betrieb genommenen 60 Doppelwagen der Baureihe 485 vorläufig nicht wieder einsetzen. Wie sich jetzt herausstellte, wurden seit 2005 neue Räder in die Fahrzeuge gebaut, ohne das aufsichtführende Eisenbahn-Bundesamt (EBA) zu informieren.

Zudem waren nach Untersuchungen Räder mit Auffälligkeiten einfach ersetzt worden, ohne nach den Ursachen zu forschen. Auch wenn die Züge nun länger als geplant abgestellt bleiben müssen, will die S-Bahn an ihrem Plan festhalten, Ende des Jahres wieder den Normalfahrplan für alle Linien einführen zu können, wenn auch nur mit meist verkürzten Zügen. Experten bezweifeln, ob der Termin gehalten werden kann.

Die in den 80er Jahren für die S-Bahn im Ostteil der Stadt entwickelten Züge waren zunächst mit gegossenen Rädern gebaut worden. Von 2005 habe man diese dann durch geschmiedete ersetzt, bestätigte EBA-Sprecher Ralph Fischer. Die erforderliche Bauartänderung habe die S-Bahn damals aber nicht beantragt, sondern den Antrag erst vor wenigen Tagen, also nach fast sechs Jahren, eingereicht. Den anschließend geforderten Festigkeitsnachweis der Räder habe die S-Bahn nicht vorlegen können; deshalb dürften die Züge jetzt auch nicht wieder in Betrieb genommen werden. Damit sei zum ersten Mal eine Baureihe komplett aufs Abstellgleis gestellt worden.

Zudem seien bei den alten Rädern zwischen 2005 und 2009 bei Untersuchungen insgesamt 39 Unregelmäßigkeiten festgestellt worden, sagte Fischer. Statt nach den Ursachen zu forschen, seien die Räder einfach verschrottet und durch neue ersetzt worden. Bei so vielen „Befunden“ hätte die Ursache erforscht werden müssen, heißt es im Eisenbahn-Bundesamt. Züge mit diesen Rädern dürfen jetzt nicht mehr fahren.

Ein Bahnsprecher entgegnete, da entschieden worden war, die Räder zu tauschen, sei es nicht erforderlich gewesen, zu ermitteln, warum die alten problemanfällig waren. Durch den Tausch bei Routineuntersuchungen sei die Sicherheit gewährleistet gewesen. Nicht mehr festzustellen sei, warum die Umstellung auf neue Räder dem EBA nicht mitgeteilt worden sei. Möglicherweise seien die Unterlagen auch nur nicht mehr auffindbar. Vorsichtshalber habe man die Zulassung nun aber förmlich beantragt. Den vom EBA geforderten Festigkeitsnachweis werde man in vier Wochen vorlegen.

Ob die Räder tatsächlich die Anforderungen erfüllen, muss sich aber noch zeigen. Bei der mit 500 Doppelwagen größten Serie der Baureihe 481 sind die Räder nicht dauerfest und müssen deshalb aufwändig kontrolliert und in kürzeren Abständen als vorgesehen ersetzt werden. Deshalb sind derzeit von dieser Baureihe auch nur 380 Doppelwagen einsetzbar.

Von den Zügen der Reihe 485 ist ein großer Teil bereits verschrottet. 20 seit Jahren abgestellte sogenannte Viertelzüge will die S-Bahn wieder in Betrieb nehmen. Da die eigenen Werkstattkapazitäten verringert worden und die Anlagen derzeit zudem völlig ausgelastet sind, müssen dies Drittfirmen übernehmen. Konkrete Angebote gibt es aber noch nicht.

Die S-Bahn benötigt weitere Wagen, weil sie ab Oktober 2011 auch auf der vom Bahnhof Schönefeld zum neuen BBI-Flughafen verlängerten Strecke fahren soll – mit Zügen aus acht Wagen.

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