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Die doppelte Dietrich. Marlene Dietrich ist Praktikantin in der Pressestelle der Berlinale. Wenige Meter vom Arbeitsplatz der 22-Jährigen am Potsdamer Platz entfernt schwebt der Geist der Schauspielerin als Simulation über ihrem Stern auf dem Boulevard der Stars – zumindest wenn man durch die Pepper‘s Ghost Camera schaut.

© Kai-Uwe Heinrich

Berlinale: Ich bin’s, Marlene Dietrich

Ist das ein Scherz? Nein, bei der Berlinale geht sie wirklich selbst ans Telefon. Wie eine Namensvetterin zur Film-Expertin wurde.

Bisher hat es noch niemanden in ihrem Leben gegeben, der sich ihren Namen nicht auf Anhieb merken konnte. Auf das lästige Buchstabieren von Vor- und Zunamen, womit sich viele Menschen im Alltag rumplagen müssen, kann sie ebenso verzichten. „So wie die Schauspielerin?“, fragen sie die Leute dann. Genau, so wie die Schauspielerin. Wer derzeit in der Pressestelle der Berlinale anruft, stockt kurz. Ist das ein Scherz? Nein, dort meldet sich tatsächlich Marlene Dietrich. „Danach wird erst einmal für zehn Minuten gelacht“, erzählt die Namensvetterin der Filmdiva, die noch bis März ein Praktikum bei der Berlinale macht.

Und das alles, weil ihre Eltern große Filmfans sind. „Ursprünglich wollte mich mein Vater Norma Jeane nennen“, erzählt Dietrich. So lautet der bürgerliche Vorname von Marylin Monroe. Der Vater hatte ein Faible für die Schauspielerin, doch Marlene Dietrich gefiel ihm ebenso gut. Außerdem lud der Nachname Dietrich ja geradezu ein, ihr den Vornamen Marlene zu geben. Norma steht jedoch trotzdem als erster Name in ihrem Pass. Doch schon in frühen Jahren hat sich Dietrich für ihren zweiten Namen Marlene als Rufnamen entschieden.

So positiv das Image der Grande Dame ist – deren bürgerlicher Vorname übrigens Marie Magdalene war – so überschwänglich sind auch die Reaktionen, die der Name hervorruft. Unter den Mitarbeitern der Berlinale hat sich schnell rumgesprochen, dass Marlene Dietrich für die 63. Internationalen Filmfestspiele arbeitet. „Dabei bin ich doch nur Praktikantin“, sagt die 22-Jährige, die im Sommer ihr Studium International Management in Flensburg abgeschlossen hat.

Dass sie so heißt wie eine der größten Schauspielerinnen des vergangenen Jahrhunderts, wollen ihr manche Menschen zunächst nicht abnehmen. „Einmal dachte eine Musiklehrerin, ich will sie veräppeln, als ich meinen Namen auf eine Liste schrieb“, erzählt sie.

Der Nachname Dietrich lud geradezu dazu ein, sie Marlene zu nennen. Außerdem hat ihr Vater ein Faible für Schauspielerinnen.
Der Nachname Dietrich lud geradezu dazu ein, sie Marlene zu nennen. Außerdem hat ihr Vater ein Faible für Schauspielerinnen.

© Kai-Uwe Heinrich

Dietrich ist groß, hat lange blonde Haare und dunkel geschminkte Augen. Äußerliche Ähnlichkeiten mit der Schauspielerin und Sängerin könnte man herbeireden: Vielleicht die Haarfarbe oder die sehr helle Haut, die langen Beine. „Ich mag ihren Kleidungsstil“, sagt Dietrich. Sie selbst kleide sich weniger extravagant. Ob sie charakterliche Eigenschaften mit ihr teile? Eine Diva sei sie nicht. „Man könnte vielleicht sagen, dass wir ähnliche Interesse haben.“ Die Filmbegeisterung, natürlich. Aber auch für Literatur und Musik hat die junge Dietrich ein Faible – wie ihre berühmte Namensvetterin. „Sie war mit Erich Maria Remarque befreundet“, erzählt die Praktikantin. „Das ist einer meiner Lieblingsschriftsteller.“

Wie um eine Vorbestimmung zu erfüllen hat die heute 22-Jährige durchaus mit dem Gedanken gespielt, Schauspielerin zu werden. Gerade versucht sie herauszufinden, wie ihre berufliche Zukunft aussehen soll. „Das Drehbuchschreiben interessiert mich“, sagt sie. Vielleicht wird sie es sogar studieren.

Anschauungsmaterial hat sie jedenfalls genug. Unweigerlich ist Dietrich zum Fan der Dietrich geworden. Ohne lange nachzudenken kann sie über die Werke und das Leben der Schauspielerin erzählen. „Ich musste mich natürlich sehr viel mit ihr auseinandersetzen“, sagt sie. „Ständig habe ich irgendwelche Filme, Bücher oder Musik über sie geschenkt bekommen.“ Die Sammlung wurde immer größer, sie zur Expertin. Einer ihrer liebsten Filme ist „Zeugin der Anklage“ – das Gerichtsdrama von Billy Wilder aus dem Jahr 1957. Marlene Dietrich sei immer so stark gewesen, habe Rollenmuster aufgebrochen und sich gegen das Naziregime gewandt. Die Bewunderung klingt deutlich in ihrer Stimme mit. Am Ende fällt der gebürtigen Lübeckerin dann doch noch eine Gemeinsamkeit ein: „Marlene Dietrich wurde in Schöneberg geboren“, sagt sie. „Und ich wohne in Schöneberg!“

Da die Dietrich auch ein internationaler Star war, wird sich vermutlich auch der ein oder andere ausländische Journalist wundern, wenn während der Berlinale Marlene Dietrich im Grand Hyatt am Marlene-Dietrich-Platz die internationale Presse betreuen wird.

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