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Berliner Arbeitsmarkt: Millionen Fördermittel verschenkt

Die Opposition hat die Arbeitsmarktpolitik des rot-roten Berliner Senats scharf kritisiert. Ein Hintergrund des Streits ist, dass die Jobcenter und die Arbeitsagenturen 2006 Fördermittel in Höhe von insgesamt 94 Millionen Euro verfallen ließen.

Berlin - CDU, Grüne und FDP werfen der Koalition Konzeptionslosigkeit vor. Auch SPD und Linkspartei/PDS sehen in den verfallenen Fördermitteln einen "Skandal". In Berlin waren Ende Januar 278.927 Menschen ohne Job, knapp 10.000 mehr als im Vormonat, aber über 33.000 weniger als ein Jahr zuvor.

Berlin könne es sich nicht leisten, Millionenbeträge zur Wiedereingliederung von Arbeitslosen zu verschenken, sagte der CDU-Abgeordnete Gregor Hoffmann. Die Begründung des Senats, wonach er keine Einwirkungsmöglichkeiten auf die Behörden habe, sei vorgeschoben. Damit solle über Konzeptionslosigkeit hinweggetäuscht werden. Auch die SPD-Abgeordnete Burgunde Grosse betonte, es sei "nicht hinnehmbar", dass die Fördermittel nicht abgerufen wurden. "Wir werden den politischen Druck verstärken", damit sich das ändere. Die Linkspartei/PDS-Abgeordnete Elke Breitenbach bezeichnete die Nichtausschöpfung der Mittel als "Skandal".

Als Gründe für die "völlig inakzeptablen" Versäumnisse nannte Arbeitssenatorin Heidi Knake-Werner (Linkspartei) Personalengpässe und die ungenügende Qualifikation der Mitarbeiter in den Jobcentern. Das "Hartz-IV"-Gesetz sei jedoch mit heißer Nadel gestrickt worden und habe für einen Zuständigkeitswirrwar gesorgt, den die Betroffenen bis heute ausbaden müssten. Die Opposition leide an einer "gehörigen Portion Amnesie", wenn sie ihre Mitverantwortung für das Gesetz auf Bundesebene ausblende. Knake-Werner kündigte die Schaffung einer zentralen Steuerungsbehörde in ihrer Verwaltung an, um eine landesweite Kontrolle des Mittelabflusses zu gewährleisten.

FDP will Jobvermittlung privatisieren

Aus Sicht der FDP kann die Arbeitslosigkeit nur gesenkt werden, indem Investoren nach Berlin gelockt, die Arbeitsvermittlung privatisiert, das Tarifrecht durch Öffnungsklauseln aufgebrochen und der Kündigungsschutz gelockert werden. Als untauglich kritisierte der Abgeordnete Rainer-Michael Lehmann den geplanten öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, der keinen Zugang zum ersten Arbeitsmarkt ermögliche. Dagegen verteidigte Knake-Werner das Projekt, das schwer vermittelbaren älteren Langzeitarbeitslosen eine berufliche Perspektive mit existenzsichernden Einkommen geben solle.

Unterdessen reißt die Klageflut beim Berliner Sozialgericht gegen "Hartz IV" nicht ab. 2006 gingen nach Angaben eines Sprechers fast 26.200 neue Klagen und Eilanträge ein, von denen fast die Hälfte die Arbeitsmarktreform betraf. In rund 40 Prozent der Fälle hätten die Kläger zumindest einen Teilerfolg erzielt. Wegen Überlastung des Gerichts wurden zum Beginn dieses Jahres sieben neue Richterstellen bewilligt. Nach Ansicht der Grünen reicht das jedoch nicht aus. Sie forderten eine ehrenamtliche Ombudsstelle für Arbeitslosengeld-II-Bezieher, um Konflikte mit den Behörden schneller zu klären und die Klagewelle einzudämmen. (tso/ddp)

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