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Für den Film musste Elisa Lichterfeld vieles wieder neu lernen.

© Tondowski Films

Berliner Filmfestival "Achtung Berlin": Ein anderes Leben

Die Berlinerin Elisa Lichtenfeld wollte Leistungsturnerin werden – wie ihre Figur im Film "Ava". Doch der Druck war zu groß. Heute läuft ihr Film bei "Achtung Berlin".

"Schon als kleines Kind wollte ich unbedingt turnen", sagt Elisa Lichtenfeld. Kerzengerade sitzt die 14-Jährige an diesem sonnigen Frühlingstag in einem Café, die langen blonden Haare trägt sie offen. Perfekte Körperhaltung, das sieht man ihr sofort an. Elisa spielt Natascha, die leistungsstärkste Turnerin einer Mädchengruppe, in Sabine Nawraths Spielfilm "Ava", der am Samstag seine Berlin-Premiere beim Filmfestival "Achtung Berlin" feiert. Sie spielt es nicht nur: Elisa wollte selbst mal Leistungsturnerin werden.

"Wir hatten mehr Sport als Schule"

Wenn die gebürtige Berlinerin davon erzählt, sprudeln die Worte aus ihr heraus. Als sie sechs Jahre alt war, ging sie mit ihren Eltern zum Tag der offenen Tür eines Potsdamer Turnvereins. Weil ihr das Turnen so großen Spaß machte, meldeten die Eltern sie im Verein an. Doch Elisa wollte mehr erreichen. Nach zwei Jahren Turnen in Potsdam bestand sie die Aufnahmeprüfung am Schul- und Leistungssportzentrum in Berlin-Alt-Hohenschönhausen, einem der Drehorte des Films. Dort verbrachte sie vier Jahre als Leistungsturnerin. An das harte Training erinnert sie sich noch gut. "Wir hatten mehr Sport als Schule – acht- oder neunmal Training von montags bis samstags." Dreimal pro Woche trainierte sie zusätzlich morgens vor der Schule. Bis zu 26 Stunden Training kamen so wöchentlich zusammen. Regelmäßig gab es Wettkämpfe, die Elisa hasste. "Weil man nur eine Chance hat, zu zeigen, wie gut man turnen kann." Das machte sie nervös. „Der Leistungsdruck war ziemlich hoch, weil wir regelmäßig deutschlandweite Wettkämpfe hatten. Da war es wichtig, dass man weiterkommt und sich stetig verbessert.“

Konkurrenz ja, Feindschaft jedoch nicht

Im Film "Ava" wird die Konkurrenz zwischen den beiden jungen Hauptfiguren Ava und Natascha immer größer. Aus Eifersucht bringt ein Mädchen schließlich ein anderes in Gefahr. "Sowas habe ich nie erlebt", sagt Elisa. Während ihrer Zeit im Sportinternat unterstützten ihre Freundin Alicia und sie sich gegenseitig. "Bei Wettkämpfen wollten wir beide ein gutes Ergebnis erzielen, aber wir haben es der anderen auch gegönnt." Zeit für Unternehmungen mit Freundinnen hatte Elisa nicht. "Aber wir haben uns ja jeden Tag im Internat gesehen." Auch in den Ferien und an Feiertagen trainierte Elisa. Drei Wochen Sommerferien waren die einzige trainingsfreie Zeit im Jahr.

Für Elisa war es die richtige Entscheidung, den Leistungssport zu verlassen

Will sie dieses Leben wirklich? Je älter sie wurde, desto größer wurden ihre Zweifel. In der sechsten Klasse musste sie immer schwierigere Turnelemente lernen – auch solche, die bei Olympia geturnt werden. "Vor manchen neuen Elementen hatte ich Angst." Elisa musste sich überwinden, dachte über Verletzungsgefahren nach. "Das war gruselig. Man weiß ja, was alles schiefgehen könnte." Im Sommer 2015, kurz vor ihrem zwölften Geburtstag, hörte sie auf. "Ich wollte mehr Freizeit und noch ein anderes Leben außer dem Turnen." Schluss mit dem ständigen Druck. "Es war die richtige Entscheidung", sagt sie heute.

Als die Anfrage für den Film kam, hatte Elisa schon ein Jahr lang nicht mehr geturnt. Sie bekam ein Extratraining. „Meine alten Trainer haben mir oft zugeschaut“, erzählt sie. „Das war merkwürdig, denn ich hatte vieles von dem, was sie mir mühsam beigebracht hatten, schon verlernt.“

Leistungssportler müssen viel in kurzer Zeit lernen

Leistungssportler, sagt Elisa, lernen mehr, "weil sie Disziplin besitzen und den Wunsch haben, gut zu sein. Beim Training geben sie ja auch alles und das färbt dann auch auf den Alltag und auf die Schule ab." Dennoch vermisst Elisa das Turnen manchmal und turnt aus Spaß. "Mal ein Flickflack im Sportunterricht", sagt sie lachend. "Aber in einen Verein gehe ich nicht mehr."

Sie ist in ihrem neuen Leben, macht gerade ein Schülerpraktikum bei einer Schneiderin. Auf die Premiere des Films freut sie sich schon, Schauspielerin werden möchte sie nicht, aber in einem Film möchte sie unbedingt noch einmal mitspielen. "Das wäre ziemlich cool." Sie wirkt glücklich und selbstsicher, als sie sagt: "Mein Leben ist jetzt anders, aber schön."

"Ava" läuft am Sonnabend um 21 Uhr im Eiszeit, am Montag um 19 Uhr im Delphi LUX und am Dienstag um 22.15 Uhr im Babylon 2. Das Filmfestival "Achtung Berlin – new berlin film award" läuft noch bis zum 18. April. Zu sehen sind 80 Filme in verschiedenen Kinos in Berlin und Beeskow. Alle Informationen und Karten gibt es unter: www.achtungberlin.de

Stefanie Borowsky

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