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Die Zustände im vom PeWoBe betriebenen Flüchtlingsheim in der Hellersdorfer Maxi-Wander-Straße standen zuletzt in der Kritik.

© Kitty Kleist-Heinrich

Update

Berliner Flüchtlingsheimbetreiber: Senator Czaja kündigt PeWoBe alle Heime

Wegen E-Mails mit schockierendem Inhalt wurde der PeWoBe gekündigt, für die Heime werden neue Betreiber gesucht. Politiker der Opposition fordern auch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.

Von
  • Sandra Dassler
  • Sabine Beikler

Am späten Sonntagnachmittag war das Maß auch für Mario Czaja voll. „Ich habe heute den Auftrag erteilt, alle Betreiberverträge mit der PeWoBe fristlos zu kündigen“, teilte der CDU-Sozialsenator mit. Die Zusammenarbeit mit der Pewobe (Professionelle Wohn- und Betreuungsgesellschaft mbH) habe sich zunehmend immer schwieriger dargestellt, hieß es in der Erklärung: „Wir haben in mehreren Unterkünften Hinweise zu Qualitätsmängeln erhalten. Auch nach wiederholten Begehungen sind Mängel nicht vollständig abgestellt worden. Zuletzt erfolgte eine öffentliche Auseinandersetzung mit einer Ehrenamtsorganisation, die von der Pewobe sogar verklagt wurde. Das ist kein Bild von einem Betreiber, mit dem wir weiterhin zusammenarbeiten wollen, und nicht die Art und Weise, wie aus unserer Sicht mit Ehrenamtlichen und schon gar nicht mit den ihm anvertrauten Menschen umgegangen werden darf.“

Letzteres habe die Sozialverwaltung bereits veranlasst, den Vertrag für die Unterkunft in Hellersdorf zu beenden (der Tagesspiegel berichtete), hieß es weiter. Den Ausschlag dürfte jedoch das Bekanntwerden von internen Mails mehrerer Pewobe-Mitarbeiter gegeben haben.

Man sehe keinen anderen Weg mehr

Wie berichtet hatten sich vier leitende Angestellte im Juli 2015 darüber ausgetauscht, was mit einer 5000-Euro-Spende von BMW geschehen solle. Weil ein Sandkasten „bei unseren Bewohnergruppen ganz schnell ein Aschenbecher oder ein heimisches Klo“ würde, schlägt die zentrale Wohnheimkoordinatorin Peggy M. stattdessen unter anderem eine „Kinderguiolltine“, also eine Kinderguillotine, vor. Eine andere Mitarbeiterin mailt, das sei doch „...mal was anderes als das Standartprogramm“.

In weiteren Mails geht es dann um „Enthauptungen“, die allerdings Dreck machen würden, „weil es immer ein bisschen spritzt“, und um die „max. Pigmentierten“, die das dann saubermachen könnten. Als „Entsorgungsmöglichkeit“ wird dann auch noch ein „großvolumiges Krematorium“ vorgeschlagen.

Sozialsenator Czaja, dem die von „Bild“ und „BZ“ veröffentlichten Mails ebenfalls von einer anonymen Quelle zugespielt worden waren, reagierte entsetzt. Zwar habe die Pewobe der Sozialverwaltung gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass es sich um Auszüge handelt, die aus dem Zusammenhang gerissen seien, doch das genügt Czaja offenbar nicht. „Auch der derzeitige Umgang mit dem unsäglichen und aus meiner Sicht nicht erklärbaren und durch nichts zu entschuldigendem Mailaustausch macht deutlich, dass eine weitere Zusammenarbeit mit der PeWoBe nicht mehr möglich ist“, heißt es in der Mitteilung der Senatsverwaltung. Zugleich wird erklärt, dass die nach wie vor schwierige Unterbringungssituation die Verwaltung bislang davon abgehalten habe, eine fristlose Kündigung zu vollziehen. Nunmehr sehe man keinen anderen Weg mehr.

Verwaltung muss neuen Betreiber finden

Wohl auch deshalb, weil am Wochenende immer mehr Politiker schockiert über die menschenverachtenden Mails ein konsequentes Handeln gefordert hatten. Klaus Lederer, Spitzenkandidat der Berliner Linken, erwartet darüber hinaus auch eine Prüfung, ob die Aussage über eine „Kinderguillotine“ in einem Heim „nicht ein Fall für den Staatsanwalt ist“. Dies forderte auch die Grünen-Spitzenkandidatin Ramona Pop, ebenso wie die fristlose Kündigung der Verträge. Die Staatsanwaltschaft konnte am Sonntag noch keine Auskunft geben, ob sie wegen des Inhaltes der Mails ermitteln wird.

Die Verwaltung muss nun für insgesamt neun Pewobe-Heime in Berlin neue Betreiber finden. Man habe sich mit möglicherweise notwendigen Umzugsplänen bereits seit einigen Wochen beschäftigt, hieß es. Die Heime sollen möglichst unter neuer Trägerschaft erhalten bleiben. Die Pewobe hat sich auf Anfrage zu den Vorwürfen bisher nicht geäußert.

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