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Berlin: Berliner Kfor-Soldaten: Heißer Draht in den Kosovo: Mutter tröstet am Telefon

Der Mann weiß, wovon er spricht. Ein falsches Wort, ein missverständlicher Ton, ein unausgesprochener Satz, der als böse Ahnung nur in der Telefonleitung hängen bleibt - "da ist nicht nur die Stimmung hin, das kostet manche Stunde Schlaf und lenkt von der Arbeit ab", sagt General Drews und schaut den Rekruten an.

Der Mann weiß, wovon er spricht. Ein falsches Wort, ein missverständlicher Ton, ein unausgesprochener Satz, der als böse Ahnung nur in der Telefonleitung hängen bleibt - "da ist nicht nur die Stimmung hin, das kostet manche Stunde Schlaf und lenkt von der Arbeit ab", sagt General Drews und schaut den Rekruten an. "Und das kann hier lebensgefährlich sein." Hier, das ist Prizren , die zweitgrößte Stadt der südserbischen Provinz Kosovo, in der die internationale Gemeinschaft seit dem Ende des Jugoslawien-Krieges im Juni 1999 ein de-facto-Protektorat leitet. Die deutschen Soldaten bewachen dort im Auftrag der Kfor-Friedenstruppe unter anderem die serbisch-orthodoxe Kirche im Herzen der Stadt. Andere fahren Patrouille, geben der serbischen Minderheit Begleitschutz gegen Aggressionen der Kosovo-Albaner oder sichern Massengräber. "Da braucht jeder eine ausgeglichene Psyche", sagt Drews.

Das Telefon, der heiße Draht nach Berlin, kann ein Heilmittel sein, wenn die Angehörigen Trost spenden. Wenn nicht, wenn Sprachlosigkeit oder Unsicherheit die Hunderte Kilometer Distanz noch überlagern, drehen manche Soldaten durch. Die meisten der 28 deutschen Kfor-Soldaten, die im Kosovo starben, wählten den Freitod. Das weiß auch Brigadegeneral Fischer. Er lud am Mittwochabend alle Angehörigen des jüngsten Kontingents der Berliner Kfor-Soldaten in die Julius-Leber-Kaserne, um den Familien und Lebenspartnern zu zeigen, "was los ist, da unten".

Die aktuellsten Lageberichte lauten: "Insgesamt ruhig, aber nicht stabil." Am meisten Kummer machen den Angehörigen Berichte, über eine Fiebererkrankung, die in Südosteuropa im Sommer auftritt. Aber die Bundeswehr-Ärzte sagen, die Soldaten seien weit entfernt und nicht gefährdet. Sollte es aber privaten Kummer oder wichtige familiäre Angelegenheiten geben, können die Angehörigen das Familienbetreuungszentrum der Kaserne rund um die Uhr in Anspruch nehmen. Dort gibt es eine kostenfreie Hotline zu den Soldaten im Kosovo. Der erste, der über diese Leitung am Mittwoch vor Hunderten Zuhörern ein Lebenszeichen gab, war der Rekrut Daniel Bischof. Allen gehe es hervorragend, sagte er. Ein bisschen heiß sei es, 34 bis 37 Grad. Aber sonst: "einwandfrei". Seine Truppe ist erst eine gute Woche im Kosovo. Was ist mit der Verpflegung, wollte eine Mutter wissen. "War schon mal besser." Die Freizeit? "Fitness, Lesen, Briefe schreiben." Als seine Berliner Freundin Janine ans Telefon kommt, stockt das Gespräch. Der Lautsprecher ist noch an. Fischer hat Mitleid mit dem Paar und lässt es noch ein Weilchen reden - ohne Lautsprecher.

Claudia Lepping

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