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Berlin: Berliner Koalition: Der Nein-Sager soll nun in den Senat

Zweieinhalb Jahre war Thomas Flierl Baustadtrat von Mitte, zweieinhalb Jahre, die ihm drei zweifelhafte Prädikate eingebracht haben: DDR-Nostalgiker, Verhinderer, Nein-Sager. Thomas Flierl hat das nicht weiter beunruhigt.

Zweieinhalb Jahre war Thomas Flierl Baustadtrat von Mitte, zweieinhalb Jahre, die ihm drei zweifelhafte Prädikate eingebracht haben: DDR-Nostalgiker, Verhinderer, Nein-Sager. Thomas Flierl hat das nicht weiter beunruhigt. Er war gerne Baustadtrat.

Zum Jahresende 2000 musste Flierl seinen Posten im Rathaus an der Karl-Marx-Allee räumen, weil im Zuge der Fusion mit Wedding und Tiergarten für ihn kein Posten mehr frei war. Der heute 44-Jährige wusste also von vornherein, dass er nicht wiedergewählt werden würde. Wohl auch deshalb fielen seine Urteile stets deutlich aus. Ein Touristen-Ballon mit Werbelogo am Potsdamer Platz? Nein! Ein überdimensionales Werbeplakat am Pariser Platz? Nein! Dürfen die Werbelogos der VW-Automarken Unter den Linden etwas größer sein? Nein! Paulchen Panther auf der Telekom-Plane hinter der das Brandenburger Tor saniert wird? Nein! Und der Silvester-Rummel? Nein!

Kein Baustadtrat, der öfter eine Sitzung bei dem ihm vorgeschalteten Senator hatte. Mit Peter Strieder lieferte er sich mediale Schlachten. Der Bausenator hielt sein Planwerk Innenstadt hoch, wollte Plattenbauten verschwinden oder hinter neuen Fassaden verstecken lassen. Flierl kämpfte für die in seinen Augen erhaltenswerte sozialistische Moderne und meinte damit zum Beispiel die Wohnblöcke zwischen Karl-Marx-Allee und Landsberger Allee. Hochhäuser am Alexanderplatz waren mit ihm nicht zu machen, weil der promovierte Kunsthistoriker fürchtete, statt der geplanten sieben würden maximal nur zwei Türme gebaut, für den Rest gebe es keinen Bedarf. Dass dies eigentlich nicht sein Bier ist, störte Flierl nicht, sondern meldete sich immer wieder zu Wort. "Ich möchte öffentliche Debatten in möglichst vielen Bereichen", sagte er einmal im Tagesspiegel-Interview.

Dafür hatte kaum jemand Verständnis. Im Senat nicht und schon gar nicht bei den Investoren, die in Mitte Milliarden verbauen wollten und zuvor bei einem Stadtrat vorsprechen mussten, der mit ungebügelten Leinenhemden über seinen Kampf gegen die Privatisierung und Kommerzialisierung öffentlicher Plätze berichtete. Die Investoren haben stumm genickt, die Mitglieder der Bürgerinitiative "Leben rund um den Fernsehturm" hingegen aufmerksam zugehört.

Thomas Flierl, Sohn des Architekturprofessors Bruno Flierl, arbeitete im DDR-Bildungsministerium von Margot Honecker und nach der Wende als Kulturamtsleiter in Prenzlauer Berg. Er zog für die PDS ins Abgeordentenhaus ein, wurde ihr kulturpolitischer Sprecher und verließ die Partei 1996, weil sie ihm reformunfähig erschien. Einige Jahre später trat er wieder ein, da war er schon Baustadtrat. Sein Entree in dem Amt: Er verhinderte den Bau eines neuen Hochhauses auf der Fischerinsel. Den Turm wollten vor allem die Nachbarn in den anderen Hochhäusern nicht - mit übergroßer Mehrheit PDS-Wähler.

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