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Teures Vergnügen. Die Sanierungskosten für das Schloss Biesdorf lagen deutlich über den Planungen.

© Kitty Kleist-Heinrich

Berliner Landesrechnungshof kritisiert mangelhafte Bauplanung: Wer soll das bezahlen?

Zu teure Sanierung des Schlosses Biesdorf und unvollständige Bauplanung anderer Projekte. Die IHK warnt vor den Folgen für die Bauwirtschaft.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

In diesen sonnigen Frühlingstagen empfiehlt sich ein Ausflug zum Schloss Biesdorf, einer spätklassizistischen Villa, östlich des Tierparks in Marzahn-Hellersdorf. Ein denkmalgeschütztes Kleinod, in der auch die kommunale Galerie des Bezirks und ein nettes Café untergebracht sind.

Aber jetzt fällt ein Schatten auf das frühere hochherrschaftliche Wohnhaus, denn der Landesrechnungshof hat den Wiederaufbau des kriegszerstörten Ober- und Dachgeschosses geprüft.

Mit dem Ergebnis, dass die Sanierungskosten gegenüber der ursprünglichen Schätzung von 8,5 auf mehr als 10 Millionen Euro gestiegen sind. Weil die eingeworbenen Fördermittel (Europäischer EFRE-Fonds und Stiftung Deutsche Klassenlotterie) nicht ausreichten, musste der finanzschwache Bezirk Marzahn-Hellersdorf statt der geplanten 250.000 Euro insgesamt 3,1 Millionen Euro draufpacken. Außerdem fallen nach Darstellung des Rechnungshofs jährliche Folgekosten von über 450.000 Euro für den Betrieb der kommunalen Galerie an.

Marzahn-Hellersdorf hielt dagegen. Es habe sehr wohl Wirtschaftlichkeitsprüfungen und ein Betriebskonzept gegeben und die laufenden Betriebskosten seien geringer als von den Rechnungsprüfern unterstellt. Trotzdem blieb der Rechnungshof bei seiner Kritik und forderte das Bezirksamt insbesondere auf, zu prüfen, wie die Kosten für den Galeriebetrieb reduziert werden könnten.

Bauplanungsunterlagen "nicht ordnungsgemäß durchgeführt"

Bauvorhaben, die teurer werden als geplant, gehören in Berlin ohnehin zum Normalbetrieb. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Bauplanungsunterlagen für Neubau-, Erweiterungs- oder Sanierungsprojekte „vielfach nicht ordnungsgemäß durchgeführt“ wurden, wie der Landesrechnungshof im neuen Jahresbericht feststellte.

Untersucht wurden für die Jahre 2013 bis 2017 alle 42 kleineren Hochbauvorhaben (Kosten zwischen einer und fünf Millionen Euro), die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, der Technischen Universität und den Bezirken Friedrichshain-Kreuzberg, Marzahn-Hellersdorf und Steglitz-Zehlendorf vorbereitet wurden. In keinem Fall wurde das rechtlich vorgeschriebene Programm zur Prüfung der Planungsunterlagen vollständig abgearbeitet.

Das gelte besonders für die Wirtschaftlichkeit, den zeitlichen Ablauf und die Angemessenheit der Kosten, kritisierten die obersten Finanzkontrolleure Berlins. Die von der Prüfung betroffenen Bezirke haben die festgestellten Defizite bereits „grundsätzlich eingeräumt“. Die Stadtentwicklungsverwaltung des Senats wurde aufgefordert, für die Prüfung von Bauplanungsunterlagen ein „standardisiertes Prüfschema“ zu erarbeiten und als verbindliches Formular in die „Anweisung Bau“ aufzunehmen.

Projektgesellschaft im Minus

Der Rechnungshof kann auch nicht nachvollziehen, dass der Senat die landeseigene Entwicklungsgesellschaft „Tempelhof Projekt GmbH“ am Leben erhält, obwohl deren wichtigstes Geschäftsfeld – die Bebauung des Areals – mit dem Volksentscheid vom 25. Mai 2014 entfallen ist.

Es sei bis heute nicht ernsthaft untersucht worden, „ob die verbliebene Aufgabe der Entwicklung und Verwaltung des Flughafengebäudes auf andere Weise wirtschaftlicher erfüllt werden kann“, heißt es im Jahresbericht.

Die Projektgesellschaft wird im laufenden Jahr mit rund 51 Millionen Euro (aus dem Landeshaushalt und dem öffentlichen Investitionsfonds Siwana) finanziert, nimmt aber voraussichtlich nur 12,6 Millionen Euro aus Mieten und Pachten ein. Auch in den vergangenen Jahren war es ein Zuschussbetrieb.

Schon zwei Tage nach dem Volksentscheid, der eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes verbot, entschied der damalige Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD), alle „gebäudebezogenen Bewirtschaftungs- und Entwicklungsaufgaben“ durch die Projekt GmbH fortzuführen.

„schwerwiegende Versäumnisse“

Der Forderung des damaligen Finanzsenators Ulrich Nußbaum (parteilos), die Gesellschaft aufzulösen und dafür die Einwilligung des Abgeordnetenhauses einzuholen, wurde 2014 nicht gefolgt. Erst im folgenden Jahr einigten sich beide Verwaltungen offiziell darauf, die Arbeit der Gesellschaft fortzuführen.

Dies sei aber nicht zum Anlass genommen worden, kritisierte der Rechnungshof, eine „angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchung“ der Tempelhof Projekt GmbH einzuleiten. Auch sei die Zielvereinbarung zur fachlichen Steuerung der Landesgesellschaft über mehrere Jahre nur unzureichend genutzt worden. Es handele sich um „schwerwiegende Versäumnisse“.

Anwältin der Steuerzahler. Karin Klingen, die Präsidentin des Rechnungshofs Berlin, hat am Montag im Abgeordnetenhaus ihren Jahresbericht vorgestellt.
Anwältin der Steuerzahler. Karin Klingen, die Präsidentin des Rechnungshofs Berlin, hat am Montag im Abgeordnetenhaus ihren Jahresbericht vorgestellt.

© J. Carstensen/dpa

Ähnlich streng beurteilten die Rechnungsprüfer die Finanzierung des landeseigenen IT-Dienstleistungszentrums (ITDZ). Ohne nachvollziehbare Begründung seien der Berliner IT-Zentrale 2017 aus Siwana 31 Millionen Euro als Vorauszahlung bewilligt worden, um Liquiditätsengpässe zu vermeiden.

Und dies bei einem unvollständigen Wirtschaftsplan. Die Innenverwaltung habe versäumt, die finanziellen Folgen des E-Governmentgesetzes rechtzeitig bei der Aufstellung des Plans zu berücksichtigen.

Die IHK-Präsidentin Beatrice Kramm stellte angesichts des Rechnungshofberichts fest, dass es dem Senat im IT-Bereich „nicht gelinge, klare Prioritäten zu setzen, Prozesse ordnungsgemäß zu steuern und Vorgaben des Bundes zügig umzusetzen“.

Für eine bessere Bauplanung fehlten zudem Fachpersonal, einheitliche Strukturen und eine stärkere Finanzkontrolle. „Die Qualität der Planungsunterlagen ist ein entscheidendes Kriterium für die Umsetzung von Bauvorhaben und damit für neue Wohnungen zu bezahlbaren Mieten“, sagte Kramm.

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