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Berlin: Berliner Luft am Hudson River

In New York stellte Wowereit seine Stadt als ökologischen Musterknaben vor Er traf Wirtschaftsförderer, Tourismusexperten – und Künstler aus der Heimat

So ganz geheuer war ihm die Sache nicht. Würde ihm jetzt aus dem großen Aluminiumkoffer ein kleines Teufelchen anspringen? Oder ist er doch nur voller Berliner Luft? Vorsichtig wagte sich Klaus Wowereit an das Kunstobjekt heran, behutsam lüftete er den Deckel. Hervor kam – nichts. Zumindest zunächst, denn nur langsam füllte sich der goldene Ballon mit pulsierender Luft. Original aus Berlin importiert natürlich, wie Designer Werner Aisslinger dem Bürgermeister versicherte. Der amüsierte sich köstlich über das symbolträchtige Kunstobjekt, einer der zehn „Koffer aus Berlin“, die hauptstädtische Designer derzeit in einer Ausstellung in New York präsentieren.

Wowereits Auftritt war Teil eines wohl inszenierten „Berlin Day“ während seines dreitägigen Aufenthalts in New York. Begonnen hatte der Tag für den Bürgermeister auf dem Larges Cities Climate Summit, dem Treffen der Oberhäupter von 40 Metropolen mit dem Ziel, den Klimaschutz voranzutreiben. Dort hatte Wowereit seine Stadt als einen Musterknaben in Sachen Umweltschutz vorgestellt. Berlin habe den Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid zwischen 1990 und 2003 um 16 Prozent verringert und sei auf gutem Wege, es bis 2010 um 25 Prozent zu reduzieren, sagte er. Er pries Berlin als eine der „innovativsten Regionen Europas“ und wertete den Klimaschutz als „einen Akt der Wirtschaftsförderung“.

Bei seinen Kollegen stieß er auf offene Ohren. Die Stiftung des ehemaligen amerikanischen Präsidenten Bill Clinton nahm Berlin in den Kreis jener 16 Weltstädte auf, die von einem Fünf-Milliarden-Dollar-Kredit zur Energieoptimierung ihrer Baumasse profitieren sollen, dem einzigen konkreten Ergebnis des Gipfels. „Es ist ganz wichtig, dass die großen Städte sich vernetzen“, sagte Wowereit. Im Vergleich stehe Berlin ganz gut da: „Wir haben viele Dinge schon erledigt, bei denen andere noch ganz am Anfang stehen.“

Zu seinem Pflichtprogramm gehörten Treffen mit Tourismusexperten und Wirtschaftsförderern, zwischendrin gönnte sich Wowereit einen ungestörten Rundgang im frisch sanierten Museum of Modern Art (MoMA). Dass der Bürgermeister sich danach durch den dichten Nachmittagsverkehr zu dem AT & T-Hochhaus in Lower Manhattan durchkämpfte, in dem die zehn Koffer aus Berlin zu sehen sind, freute Sebastian Peichl, Vorstandsmitglied des Vereins „Create Berlin“: „Das zeigt, dass er uns ernst nimmt.“ Sein Verein zeichnet für die Veranstaltung verantwortlich, in der etwa DJ Paul van Dyk die ganze Bandbreite der Musik präsentiert, zu der ihn Berlin inspiriert. Der „Cookies“-Klub scheint beliebt zu sein, gleich mehrere Designer packen Referenzen zu ihm in ihre Koffer. Die Architektengruppe Graf präsentierte eine „Wolke“, ihren Entwurf für eine Kunsthalle auf dem Schlossplatz.

Wowereit muss weiter, im MoMA steht noch eine Party mit Sekt und Häppchen an. Gezeigt wird die Verkaufsausstellung „Destination Berlin“. Dort kann jeder sein Stück Berlin käuflich erwerben: ein TV- Tower-T-Shirt von Anja Ammon (45 Dollar), den Palast der Republik zum Wiederaufbauen (aus Pappe) oder als Quartett mit den schönsten Plattenbauten. Wowereit kommt auch hier ein bisschen zu spät, aufgehalten vom chronischen New Yorker Verkehrsstau. „Ich kann verstehen, warum die hier eine City-Maut einführen wollen“, sagt er. „Doch wenn ich das zu Hause vorschlage, bringen die mich um.“

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