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Berlin: Berliner Modellprojekt immer noch ohne Personal

In Berlin ist es mit der Sauberkeit nicht weit her. Wie viele Großstädte hat die Dreieinhalb-Millionen-Metropole an allen Ecken und Enden mit Unrat zu kämpfen.

In Berlin ist es mit der Sauberkeit nicht weit her. Wie viele Großstädte hat die Dreieinhalb-Millionen-Metropole an allen Ecken und Enden mit Unrat zu kämpfen. Da Müllberge keiner Stadt gut zu Gesicht stehen, wurde 1999 ein Umweltstreifendienst aus der Taufe gehoben. Heute, ein knappes Jahr später, dümpelt das seinerzeit mit riesigem Medienrummel in Szene gesetzte Projekt noch immer vor sich hin. Die Schuld schieben sich die Beteiligten gegenseitig zu.

Gerade 15 Köpfe zählt gegenwärtig die "Umweltpolizei" - nicht mehr als in der Pilotphase. Sie kommen vorrangig aus dem Personalüberhang des öffentlichen Dienstes, arbeiten also auf Stellen, die eigentlich wegfallen sollen. Von 23 Bezirken leisten sich bisher nur Hellersdorf, Neukölln, Tiergarten, Köpenick und Weißensee diesen Service.

Bis zu 1000 Mark Bußgeld

Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, kritisiert Rainer Klemt von der Senatsumweltverwaltung. Dabei gibt es nahezu niemanden, der den Sinn des Modellvorhabens in Zweifel zieht. Steht doch hinter ihm die lobenswerte Idee, bei den Bewohnern in den Bezirken die Sinne für den Schutz der Umwelt zu schärfen, die Sünder aufzuspüren und illegale Müllhalden zu melden. Wer sich bei Verstößen in flagranti erwischen lässt, muss unter Umständen mit einem Bußgeld rechnen. Je nach Schwere des Falls können das bis zu 1000 Mark sein.

Doch nicht Sanktionen sind nach Darstellung des Experten das Ziel der uniformierten Umweltstreifen. Vielmehr sollen sie die Bürger in Gesprächen für ihr Anliegen gewinnen, um künftig Fehlverhalten auszuschließen. Dieser Ansatz findet viel Resonanz, wenngleich der Erfolg nicht auf Anhieb in Mark und Pfennig zu beziffern ist, nimmt Klemt das Projekt in Schutz. Um so mehr bedauert er, dass es noch immer ein Schattendasein führt und nicht richtig in Fahrt kommt. Erst im November vergangenen Jahres haben ein gutes Dutzend weiterer Mitarbeiter aus vier Bezirken einen Lehrgang abgeschlossen, der Wissen in Konfliktmanagement, Ordnungswidrigkeiten- und Umweltschutzrecht vermittelt. Von ihnen sind lediglich zwei im Einsatz.

Erst vier von 50 Beamten dabei

Die Bezirke zeigen mit dem Finger auf die Innenverwaltung, deren Unterstützung angeblich zu wünschen übrig lässt. Immerhin hatte sich die Behörde verpflichtet, aus ihrem Bereich 50 Beamte in spe, die noch in der Ausbildung sind, dafür bereit zu stellen. Im Moment sind gerade vier für diese Aufgabe "abkommandiert". Der Sprecher der Innenverwaltung, Stefan Paris, weist jede Verantwortung der Verwaltung zurück. Schuld seien die mitspracheberechtigten Personalvertretungen, die auf die Freiwilligkeit der Betroffenen pochen. "Damit sind uns die Hände gebunden", sagt Paris und bedauert zugleich, dass sich kaum jemand findet. Auch die jüngste Umfrage unter den 44 in Frage kommenden Mitarbeitern brachte keine Wende. Das Ergebnis war gleich Null.

Der Konflikt ist der Umweltverwaltung bekannt, sagt Klemt. Allerdings gibt es aus seiner Sicht sehr wohl die Möglichkeit, die Betroffenen auch gegen deren Willen bei den Umweltstreifen einzusetzen. Eine Rahmendienstvereinbarung zwischen dem zuständigen Senator Peter Strieder (SPD) und dem Hauptpersonalrat des Landes Berlin sehe lediglich vor, dass freiwillige Meldungen bevorzugt berücksichtigt werden sollen. Diesem Verfahren hat nach Darstellung des Experten auch Innensenator Eckart Werthebach (CDU) zugestimmt.

Problem wieder vertagt

Die Bezirke wiederum sehen sich allein außer Stande, genügend "Umweltpolizisten" zur Verfügung zu stellen. Sie argumentieren, dass viele Überhangkräfte wie beispielsweise Kita-Erzieherinnen dringend gebraucht werden, weiß Klemt. Hinzu kommt ein weiteres Problem. Da die Stellen der Betroffenen gestrichen sind, müssen sie sich intensiv um einen anderen Job bemühen. Hat die Bewerbung Erfolg, steigen sie verständlicherweise aus dem Projekt aus. "Wenn wir das Vorhaben richtig anpacken wollen, müssen feste Stellen her", sagt Klemt. Dabei weiß er wohl, dass die leere Kasse zum Sparen zwingt. Allein in diesem Jahr muss der öffentliche Dienst weitere 4200 Stellen abspecken, in der Legislaturperiode mehr als 10 000. So setzt der Experte auf den parlamentarischen Umweltausschuss. Aber auch dort ist das Problem schon zwei Mal vertagt worden.

Christina Schultze

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