zum Hauptinhalt

Berlin: Berliner Polizei: In Zukunft ganz privat?

Eine Expertenkommission unter Leitung des CDU-Bundestagsabgeordneten Rupert Scholz will die Polizei in Berlin komplett umkrempeln. In dem Bericht an den Senat, der dem Tagesspiegel vorliegt, wird ein enger Verbund zwischen Sicherheitsbehörden und privaten Dienstleistern gefordert.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Eine Expertenkommission unter Leitung des CDU-Bundestagsabgeordneten Rupert Scholz will die Polizei in Berlin komplett umkrempeln. In dem Bericht an den Senat, der dem Tagesspiegel vorliegt, wird ein enger Verbund zwischen Sicherheitsbehörden und privaten Dienstleistern gefordert. Außerdem wird angeregt, den Polizeipräsidenten als Abteilungsleiter in die Innenverwaltung einzugliedern und die Landesschutzpolizei, das Polizeiverwaltungsamt und ähnliche Einrichtungen aufzulösen und deren Aufgaben in drei regionale Landespolizeidirektionen "mit größtmöglicher Eigenverantwortung" einzugliedern.

Ein solches Modell ließe sich - bei einer Länderfusion - mit der künftigen Polizeistruktur in Brandenburg gut in Übereinstimmung bringen, meint die Kommission. Es entspreche auch dem Polizeiaufbau im Rhein-Main- oder Ruhrgebiet. Dem Landeskriminalamt wird ebenfalls eine Schlankheitskur verordnet. Das LKA solle sich auf "Vorbeugung, nationale und internationale Angelegenheiten, organisierte Kriminalität, Staatsschutz, Sondereinsatzkommandos, Personenschutz und polizeitechnische Untersuchungen" konzentrieren.

Möglichkeiten, die polizeiliche Arbeit durch Sicherheitsdienste zu ersetzen, sieht die Scholz-Kommission zum Beispiel in folgenden Bereichen: Streifendienste und Objektschutz, Parkraum- und Verkehrsüberwachung, Aufnahme leichter Verkehrsunfälle, Umsetzung und Stilllegung von Autos, Schutz von Versammlungen und Veranstaltungen. "Die Privaten agieren in Form eines Verwaltungshelfers", mittelfristig vielleicht sogar als "beliehener Hoheitsträger", schreiben die Experten. Ihnen stünden nur "Jedermannsrechte" zur Verfügung, das staatliche Gewaltmonopol stehe nicht zur Disposition.

Diese Vorschläge zielen auf das "Massengeschäft", das die Berliner Polizei personell überfordert: Etwa die Präsenz uniformierter Sicherheitsleute auf dem Alex oder am Breitscheidplatz, auf die Bekämpfung von Vandalismus, Graffiti, illegaler Müllablagerungen in Parks, auf die Überprüfung der Leinenpflicht für Hundehalter. Als weiteres Beispiel werden Absperrungen, Einlassdienste und Verkehrsregelungen bei Demonstrationen, Sport- und Kulturveranstaltungen genannt, aber auch bestimmte Aufgaben der Verkehrsüberwachung. Manche Zuständigkeiten könnten auf die Bezirke übergehen, meinen die Experten, und dort in bezirklichen Ordnungsämtern zusammengefasst werden.

Bei den internen Dienstleistungen der Polizei sieht die Kommission ebenfalls dauerhafte Einsparmöglichkeiten. Kfz-Werkstätten und Fuhrpark-Management, Beschaffung und Fortbildung, Bekleidungswesen, der ärztliche Dienst, Bauangelegenheiten und informationstechnische Dienste könnten ausgeschrieben und an private Anbieter vergeben werden. Die Polizei könne ihre Bekleidung auch über ein Versandhaus beziehen, heißt es im Bericht. So wie in Bayern oder bei der Lufthansa. Für die Versorgung mit Polizeiautos wird ein "Full-Service-Leasing-Modell" wie in Baden-Württemberg vorgeschlagen. Die Bereichwerkstätten der Polizei könnten eventuell geschlossen werden. Noch ein Vorschlag der Kommission, der zu Einsparungen von 50 000 Mark pro Bedienstetem und Jahr führen könnte: mehr Beamte als bisher über das 60. Lebensjahr hinaus freiwillig Dienst tun zu lassen.

Wenn es nicht gelinge, die Strukturen und Abläufe bei der Berliner Polizei zu verändern und deren Arbeit auf Kernaufgaben zu konzentrieren, werde sich das "Lagebild der inneren Sicherheit" weiter verschlechtern, sagen die Experten voraus. Gefordert wird eine "Abkehr vom derzeit obwaltenden bürokratischen Zentralismus und ein tiefgreifendes Umdenken aller Beteiligter".

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false