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Eigentum oder Mietwohnungen?

© Kitty Kleist-Heinrich TSP

Wohnungskrise in Berlin: Bezirke fordern stärkeren Schutz vor Eigenbedarfskündigungen

Angesichts der dramatischen Situation auf dem Wohnungsmarkt appellieren immer mehr Berliner Bezirke an CDU und SPD auf Bundesebene, den Schutz vor Umwandlungen und Eigenbedarfskündigungen zu verbessern.

Stand:

Es kommt Bewegung in den Schutz vor Eigenbedarfskündigungen und vor der Umwandlung in Eigentumswohnungen. Einem Bündnis von vier Bezirken mit Grünen- und SPD-Stadträten (Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln, Mitte und Pankow) haben sich nun drei weitere Bezirke angeschlossen. Neu dabei sind die Linken-Stadträtin Camilla Schuler in Lichtenberg – und zwei Bezirke mit CDU-Stadträten: Christoph Brzezinski aus Charlottenburg-Wilmersdorf und Eva Majewski aus Tempelhof-Schöneberg.

Das Bündnis stellt Forderungen an CDU und SPD im Bund, die in den nächsten Wochen die Verhandlungen für eine Regierungskoalition führen werden. Zentral: Das Umwandlungsverbot von Mehrfamilienhäusern in Eigentumswohnungen, das Ende 2025 ausläuft, soll verlängert werden. Außerdem soll die Möglichkeit von Eigenbedarfskündigungen nach Auffassung des Bündnisses drastisch eingeschränkt werden, etwa indem nur Eigentümer selbst und Verwandte ersten Grades ein Recht auf Eigenbedarf geltend machen können.

Der Berliner Mieterverein schätzt, dass jährlich mehr als 10.000 Haushalte in Berlin von Eigenbedarfskündigungen betroffen sind. Längst nicht alle davon würden sich dagegen zur Wehr setzen.

Über Landes- und Parteigrenzen hinweg

Dem Bündnis gehören auch der Berliner Mieterverein, weitere Berliner Mieterberatungsstellen und die AKS Gemeinwohl an. Inzwischen haben sich aber auch der Deutsche Mieterbund, der Mieterverein zu Hamburg und der Mieterverein München den Forderungen der oben genannten Akteure angeschlossen.

Der Fokus muss aktuell ganz klar darauf liegen, Mieterinnen und Mieter zu schützen und die jetzige Rechtslage beim Thema Aufteilung zu verlängern.

Christoph Brzezinski, CDU-Stadtrat in Charlottenburg-Wilmersdorf

Einige der Forderungen seien sicherlich „nicht klassischerweise eins zu eins aus dem CDU-Parteiprogramm“, sagt Christoph Brzezinski, Stadtrat aus Charlottenburg-Wilmersdorf, bei einem Medientermin am Montag. Aber: „Wir haben in Berlin und den anderen Großstädten eine Situation, in der es eine Untertreibung ist, wenn wir einfach nur von einer angespannten Lage sprechen.“ Die Situation sei so dramatisch, „dass das Thema eben mittlerweile nicht nur eine politische Frage ist, sondern eine der zwei, drei wichtigsten sozialen Fragen unserer Zeit.“

Das Thema Regulierungen auf dem Miet- und Wohnungsmarkt sei in den letzten Jahren sehr ideologisch diskutiert worden. Die Koalitionsverhandlungen im Bund seien nun aber vermutlich die letzte Gelegenheit für die nächsten vier Jahre, Positionen unterzubringen, die für die Städte wichtig sind, meint Brzezinski.

Als CDU-Stadtrat sehe er natürlich auch weiterhin Eigentumsbildung als etwas Befürwortenswertes an, sagt Brzezinski. Bei den aktuellen Preisen sei es aber für Normalverdiener kaum noch machbar, sich eine Eigentumswohnung zu leisten: „Deswegen muss der Fokus aktuell ganz klar darauf liegen, Mieterinnen und Mieter zu schützen und die jetzige Rechtslage beim Thema Aufteilung zu verlängern“, also das Umwandlungsverbot in Eigentumswohnungen.

Man wolle die Möglichkeit von Eigenbedarfskündigungen auch nicht komplett abschaffen, ergänzte Brzezinski, aber: „Man muss sehr lange Fristen setzen, den Kreis der Berechtigten deutlich einschränken und die Hürden erhöhen, sodass man zu einer vernünftigen Ausgewogenheit kommt.“

56
Prozent der 2022 verkauften umgewandelten Wohnungen waren unbewohnt

Die Zahlen des Wohnungsmarktsberichts der Investitionsbank Berlin bestätigen, dass die wenigsten umgewandelten Wohnungen an Mieter selbst verkauft werden: 2022 waren es nur fünf Prozent der Wohnungsverkäufe von umgewandelten Wohnungen. Der mit Abstand größte Anteil – 56 Prozent – wurde leer verkauft. Weil leere Wohnungen sich besser verkaufen lassen, werden Eigenbedarfe von Eigentümern immer wieder vorgetäuscht, in anderen werden die Mieter durch die Zahlung geringer Abfindungssummen zum Auszug bewegt, beobachtet Sebastian Bartels vom Berliner Mieterverein.

Es gebe auch Geschäftsmodelle, die direkt auf die Umwandlung von Wohnungen ausgerichtet sind, berichtet der Pankower Stadtrat Cornelius Bechtler (Grüne): „Immobilienunternehmen kaufen Häuser an, wandeln sie in Eigentum um, und verkaufen zu einem höheren Preis weiter.“

Klaus Mindrup, ehemaliger Bundestagsabgeordneter der SPD, hat noch unter der letzten Großen Koalition im Bund das Umwandlungsverbot mit eingeführt. Das Gesetz sei wirksam, laufe aber eben läuft zum Jahresende aus, sagt er: „Es ist aber von der gleichen Koalition beschlossen worden, die jetzt wieder an die Regierung kommt.“ Er hofft daher, dass eine neue schwarz-rote Koalition den Paragraphen schnell verlängert.

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