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Berlins Finanzkrise: SPD und Linke streiten über Steuererhöhungen

Trotz der Niederlage vor dem Verfassungsgericht wird in Berlin ein drastischer Sparkurs abgelehnt. Stattdessen wird nun über Steuererhöhungen debattiert.

Berlin - Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei/PDS) plädierte in diesem Sinne für einen "Paradigmenwechsel". Die Finanzpolitik bis 2011 war auch Thema der Koalitionsverhandlungen von SPD und Linkspartei. Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) forderte unterdessen vom Bund eine Entlastung Berlins bei hauptstadtbedingten Aufgaben. Karlsruhe hatte die Klage der mit über 60 Milliarden Euro verschuldeten Hauptstadt auf Sanierungshilfen des Bundes abgewiesen.

Nach Darstellung Wolfs muss der Schwerpunkt der Konsolidierung auf der Einnahmenseite liegen. In den Koalitionsverhandlungen werde deshalb unter anderem über eine Heraufsetzung der Gewerbesteuer geredet, die in Berlin mit einem Hebesatz von 410 geringer ist als beispielsweise in Potsdam mit 450. Dies wäre aus fiskalischer Sicht allerdings "nicht der große Wurf".

Neben negativen Folgen für die Ansiedlung neuer Unternehmen würden Mehreinnahmen aus kommunalen Steuern, zu denen auch die Grunderwerbs- und die Grundsteuer gehören, mit den Zuwendungen aus dem Länderfinanzausgleich verrechnet. Nur ein Drittel des Zuwachses bliebe in Berlin, sagte Wolfs Sprecher Christoph Lang. Bei geschätzten zusätzlichen Einnahmen von 110 Millionen Euro flössen 2006 nur 35 bis 45 Millionen Euro in die Kasse.

SPD-Landeschef Michael Müller sieht Steuererhöhungen denn auch skeptisch. Um Einnahmen zu sichern, müssten die Unternehmen in der Stadt gehalten und dürften neue nicht verprellt werden. Berlin müsse vielmehr mit niedrigen Abgaben und Mieten sowie mit der Wissenschaftslandschaft punkten, betonte Müller. "Wir sind da in einem Konkurrenzkampf mit anderen Regionen, die zwar teilweise höhere Gewerbesteuersätze haben, aber auf der anderen Seite wesentlich mehr direkte Förderungen und Zuschüsse an Unternehmen zahlen", sagte Müller. Geplante Investitionen wie die Verlängerung der U-Bahnlinie 5 müssten wahrscheinlich verschoben werden. Zudem werde darüber nachgedacht, Nicht-Berliner Studenten an den Kosten für die Hochschulen der Stadt zu beteiligen. Es gebe bereits viele Überlegungen für einen Hochschulfinanzausgleich, oder ein System, "bei dem die Abiturienten aus Berlin einen Gutschein bekommen, mit dem sie an unseren Hochschulen studieren können und die anderen haben diesen Gutschein eben nicht und müssen ihn kaufen."

"Enge Grenzen" beim Sparen

Auf der Ausgabenseite könne die Hauptstadt "noch an der einen oder anderen Stelle justieren", aber der Konsolidierung seien "enge Grenzen gesetzt", betonte Wolf. Aus seiner Sicht hätte ein Verkauf der städtischen Wohnungsunternehmen finanzpolitisch "keinen nachhaltigen Effekt", weil die Zinsentlastung nur gering und "schnell wieder verfrühstückt" wäre. Selbst wenn es gelänge, bis 2011 rund 1,1 Milliarden Euro mehr einzunehmen als auszugeben, bliebe die Zinslast immer noch sehr hoch. Derzeit zahlt Berlin rund 2,4 Milliarden Euro pro Jahr für seine Verbindlichkeiten. Im ZDF sagte Wolf, durch das Karlsruher Urteil ändere sich nichts an der aktuellen Situation. "Wir sind auch vorher schon bei unserer Finanzplanung von knappen Kassen ausgegangen." Er fügte hinzu: "Wir verteilen nicht nur Wohltaten. Unter Rot-Rot ist Berlin das einzige Bundesland gewesen, dass seine Ausgaben um elf Prozent gesenkt hat."

Die Einführung von Studiengebühren wäre Wolf zufolge "reine Symbolik", die nur zur Benachteiligung sozial schwächerer Studenten führen würde. Er unterstrich, dass die Landesregierung "nicht mit dem Rasenmäher über die Universitätslandschaft gehen wird". Auch Linkspartei-Landeschef Klaus Lederer erteilte einem radikalen Sparkurs eine klare Absage. Mit der "Abrissbirne durch die Stadt zu rennen", sei mit seiner Partei "auf keinen Fall zu machen". Berlin müsse jetzt über seine Stärken reden, sagte Lederer. Um "keine neuen Schulden anzuhäufen", sollte mit dem Bund über eine Erhöhung der Steuerquote geredet werden, die derzeit europaweit zu den niedrigsten gehöre.

Wolf: Linkspartei und SPD nicht gespalten

Nach Wolfs Darstellung liegen SPD und Linkspartei in der Einschätzung über die künftige Finanzpolitik "nicht gravierend auseinander". Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte im Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" die Schließung einer Universität oder Oper, Studiengebühren und den Verkauf von Wohnungsunternehmen ausgeschlossen. Dagegen forderte Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) unter anderem einen deutlichen Personalabbau bei Lehrern und Polizisten. (tso/AFP/ddp)

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