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Wenn die Behörden nicht funktionieren, haben die Berliner das Nachsehen - und stehen im Stau.

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Bauen und Verkehr: Berlins Planer haben keinen Plan

Die einstige Berliner Superbehörde für Bauen und Verkehr wurde getrennt. Für einige Siedlungen in der Hauptstadt bedeutet das Chaos. Bewohner gehen auf die Barrikaden.

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Der veränderte Zuschnitt der Senatsverwaltungen, Ressortdenken und mangelhafte Abstimmung bei den Entwicklungsplänen blockieren den Ausbau der Quartiere im wachsenden Berlin. Vor allem die Aufspaltung des früheren Superressorts in zwei Verwaltungen, für Verkehr sowie für Stadtentwicklung, hinterlassen Bremsspuren: Mehr als ein Jahr nach dem Beschluss zur Neugestaltung des Molkenmarktes etwa ist ein Start der Arbeiten in weiter Ferne. Ähnlich ergeht es vielen anderen Siedlungsprojekten – und so stockt der Neubau hunderter dringend benötigter Wohnungen.

Am 19. April 2016 beschloss der Senat den „Bebauungsplan 1-14“ und verkündete stolz, „jetzt einen der ältesten Stadtteile Berlins wieder für die Menschen zurückgewinnen“ zu wollen. Statt der sechsspurigen Straße zwischen Klosterviertel und Rotem Rathaus werde ein „lebenswertes Quartier“ entstehen. Wo Straßen sind, sollen Wohnungen kommen, Menschen würden die Autos verdrängen und einen der unwirtlichsten Teile der Innenstadt zurückerobern.

Doch wann es endlich losgeht, kann bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung niemand sagen. Erst müsse die neue Straßenführung geplant und gebaut sein. Dafür seien andere zuständig – die Senatsverwaltung für Verkehr. Dort heißt es, es werde „mit Hochdruck an den Planungen gearbeitet“. Und das noch ganz schön lange: „Voraussichtlich“ könne der Straßenbau 2019 beginnen.

"Regelmäßiger Austausch"

„Eigentlich ganz froh“ über die neue Aufgabenteilung sei sie, sagt Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) auf Nachfrage. Dadurch gebe es einen „klaren Fokus auf Stadtentwicklungsplanung und die Lösung der Wohnungsfrage“. Doch seit der Abspaltung der Verkehrsplanung knirscht es bei vielen Siedlungsvorhaben.

Beim „Blankenburger Süden“ in Pankow zum Beispiel, wo knapp 6000 Wohnungen entstehen sollen. In dem Gebiet herrscht schon heute Dauerstau. Anwohnerinitiativen fordern deshalb ein Verkehrskonzept. Die Zusage bekamen sie. Das Konzept nicht. „Wir sind die Leidtragenden“, sagt ein Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Denn die Bauplanung geht voran und das treibt die Anwohner auf die Barrikaden. Nach massiven Protesten erklärte die Verwaltung, im Februar Planungen vorlegen zu wollen.

Auf dem Papier sieht Stadtplanung ganz einfach aus.
Auf dem Papier sieht Stadtplanung ganz einfach aus.

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Laut Senatsverwaltung für Verkehr seien beide Häuser „auf allen Ebenen in einem regelmäßigen Austausch“. Beteiligte bemängeln aber, dass gerade die fachlichen Abstimmungen zu konkreten Planungsvorhaben oftmals sehr zäh verlaufen und alles in die Länge ziehen.

Verkehrstechnisch abgehängt

„Es hakt nicht nur bei der Verkehrsanbindung, auch Infrastruktur für Bildung, Erholung oder ärztliche Versorgung“ seien nicht aus einem Guss, sagt Julia Dahlhaus, Vorstand beim Bund Deutscher Architekten. „Erratisch“ nennt sie Berlins Infrastrukturpolitik. Und ungerecht dazu: Bewohner bestimmter Viertel würden privilegiert, andere benachteiligt.

Das Märkische Viertel zum Beispiel ist bis heute verkehrstechnisch abgehängt. Das Versprechen, dies zu ändern, wurde nie eingelöst. Dasselbe drohe nun den neuen Quartieren, sagt die Architektin. Dieser „Teufelskreislauf“ lasse sich nur durch Kooperation aller beteiligten Planungsstellen durchbrechen.

Doch die gibt es nicht. Und das wird sich in dem für Sommer 2018 angekündigten Stadtentwicklungsplan (StEP) Wohnen 2030 niederschlagen. Denn unabhängig davon entstehen ähnliche Pläne in der Wirtschaftsverwaltung (für Industrie und Gewerbe) in der Umweltverwaltung (für Klima) und in der Verkehrsverwaltung (für Infrastruktur). Überall „dominiert Ressortdenken und es gibt massive Konkurrenzkämpfe um vorhandene Flächen“, sagt ein Beteiligter. Es fehle ein übergeordneter Stadtentwicklungsplan.

Ausbaden müssen das die Berliner. So dürfen sich die rund 3000 Bewohner der geplanten neuen Wohnungen in der Wasserstadt Spandau oder auch in der Michelangelostraße in Prenzlauer Berg schon mal auf Dauerstaus einstellen – neue S-, U- oder Straßenbahnlinien sind nicht geplant. Weil ein tragfähiges Verkehrskonzept fehlt, außerdem noch Parkplätze den neuen Wohnhäusern zum Opfer fallen und Tiefgaragen zu teuer sind, wird auf Notlösungen gesetzt.

Verlängerung der M13 noch nicht vorgesehen

Ein derzeitiger Favorit vieler Planer: Carsharing. Snezana Michaelis von der Gewobag will in Spandau sogenannte „Mobility Hubs“ errichten, quasi Umsteigebahnhöfe zwischen kurzfristig anmietbaren Autos und dem öffentlichen Nahverkehr. Verbunden mit der Hoffnung, der BVG noch ein paar Shuttle-Dienste abzutrotzen, die auf Bestellung den U-Bahnhof Haselhorst ansteuern.

Ähnlich wird es den Mietern der 1500 geplanten Wohnungen an der Michelangelostraße ergehen. Eine Taktverdichtung der Tramlinien auf der Greifswalder Straße ist zwar geplant, der Bedarf ist angesichts überfüllter Züge längst da. Ausreichen wird das aber kaum.

Die Verlängerung der Tramlinie M13, die auch das östliche Baugebiet anschließen soll, wird trotz Trassenfreihaltung aber noch lange auf sich warten lassen. Die vorausgehende Machbarkeitsstudie ist laut Verkehrsplanung „in den nächsten Jahren nicht vorgesehen“. Behelfen wollen sich die Quartiersplaner deshalb auch hier mit dem Trick Carsharing. Wohl dem Neumieter, der einen Führerschein hat.

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