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Berlin: Beruf: Arzt, Hobby: Leben

Berliner Geschichtsforscher bekommt den German Jewish Award

Als Klaus-Dieter Ehmke, den seine Freunde „KD“ nennen, vor Jahren begann, dem jüdischen Leben und Sterben in einem kleinen vorpommerschen Ort nachzuspüren, ahnte er nicht, dass diese Spurensuche einmal mit einem Preis bedacht werden sollte. Heute Abend erhält der Berliner Arzt mit vier anderen Deutschen bei einem Festakt im Plenarsaal des Abgeordnetenhauses den „German Jewish Award“ der Obermayer Foundation. Die in den USA ansässige Stiftung verleiht den Preis am 27. Januar, dem Jahrestag der Befreiung von Auschwitz im Jahre 1945. Die Ehrung gilt Deutschen, die nicht mosaischen Glaubens sind und „das Bewusstsein für ehemaliges jüdisches Leben in ihrer eigenen Gemeinde oder Religion fördern“, wie es in den Kriterien für eine Auszeichnung heißt. In Frage kommen Menschen, „die freiwillig herausragende Beiträge zur Dokumentation der jüdischen Geschichte oder Genealogie, des jüdischen Erbes und der jüdischen Kultur in Deutschland leisten oder geleistet haben“.

Auch Klaus-Dieter Ehmke hat Zeugnisse jüdischen Lebens erforscht, dokumentiert und für die Nachwelt erhalten. Der 45-jährige Arzt in einer Dialyse-Praxis am Treptower Park entdeckte vor vielen Jahren in seiner pommerschen Heimat den Guten Ort von Niederhof bei Stralsund, also den jüdischen Friedhof. Der lag in einem Wald, „ganz idyllisch, die Steine bemoost, beinahe mystisch“, erinnert sich der Spurensucher, den seine Entdeckung nicht mehr losließ. Er sprach mit alten Einwohnern, studierte Chroniken und kam so darauf, dass der Friedhof zu Niederhof der älteste in Mecklenburg-Vorpommern ist: 1776 wurde hier das erste Grab (für eine Tochter der Stralsunder Familie Hertz) bereitet, 1857 wurde der Friedhof zuletzt belegt.

Ehmke entdeckte alte Grabsteine als Trittstufen, ging den Inschriften nach, steckte ganze Schulklassen mit seinem Forscherdrang an, fotografierte schließlich die Steine, rieb die Inschriften ab, stellte sie für die Öffentlichkeit aus. „Spurensuche“ nennt sich die Foto-Ausstellung, die bis zum 1. März in der Auferstehungskirche in der Friedensstraße zu sehen ist. Ehmkes nächstes Projekt: die Erforschung der Geschichte der Juden in seiner Geburtsstadt Anklam. Wenn man den vielseitigen Arzt, der einst neben Medizin auch Theologie und Germanistik studiert hatte, nach seinem Hobby fragt, sagt er nur das eine Wort „Leben“. Und, übrigens: Seit Jahren ist KD Ehmke auch für Bilder und Texte des inzwischen Kult gewordenen Jahreskalenders aus dem Hedwig-Krankenhaus mitverantwortlich.

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