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Berlin: Bezirk will Ersatz für flimmernde Bildschirme

Vor dem Landgericht am Tegeler Weg kommt es morgen zum bundesweit lang erwarteten Show-Down zwischen dem Spandauer Bezirksamt und der Deutschen Bahn AG. Erstmals hat eine Berliner Behörde den Verkehrsträger auf Schadenersatz für Computerstörungen verklagt, deren Ursache in den elektromagnetischen Feldern des Fahrstroms der Züge vermutet wird.

Vor dem Landgericht am Tegeler Weg kommt es morgen zum bundesweit lang erwarteten Show-Down zwischen dem Spandauer Bezirksamt und der Deutschen Bahn AG. Erstmals hat eine Berliner Behörde den Verkehrsträger auf Schadenersatz für Computerstörungen verklagt, deren Ursache in den elektromagnetischen Feldern des Fahrstroms der Züge vermutet wird. Rund 350 000 Euro für die Ausstattung des Rathauses mit neuen Flachbildschirmen wollen die Spandauer zurückhaben, doch die Bahn stellt sich stur.

Kaum war die ausgebaute und elektrifizierte Bahntrasse gleich neben dem Rathaus in Betrieb genommen worden, begannen in rund der Hälfte der Amtsstuben die Bildschirme zu flimmern. Über 250 bis zu vier Minuten andauernde Störungen pro Tag wurden beispielsweise im Raum 147 des Verwaltungsgebäudes registriert. Da Augenschäden befürchtet wurden und die Beamten nach der Arbeitsschutzverordnung Anspruch auf flimmerfreie Geräte haben, mussten 265 störunanfällige Flachbildschirme beschafft werden.

Die elektromagnetischen Felder verbreiten sich bei jeder Zugfahrt in Intervallen entlang der Bahnstrecken. Computerstörungen werden in deren Nähe häufig beobachtet. Im Bürogebäude einer Lichtenberger Firma, das 20 Meter neben einer Gleistrasse liegt, traten sie nach Angaben eines TÜV-Experten bis zum zehnten Stockwerk auf. Die aus Aluminium bestehenden Schallschutzwände bieten nach Ansicht von Fachleuten keine Abschirmung gegen diese Störfelder. In Spandau lagen sie nach dem vom Bezirksamt in Auftrag gegebenen Gutachten um 67 Prozent über dem abgegebenen Wert. Betroffen war hier in unterschiedlicher Intensität rund die Hälfte des Rathauses.

Laut Gutachten des Technischen Überwachungsvereins wurden die Störungen zweifelsfrei durch den Elektrosmog der vorbeifahrenden Züge verursacht. Die Bahn konterte mit einem Gegengutachten, das wiederum vom TÜV widerlegt wurde. Daraufhin reichten die Spandauer vor Jahresfrist eine Klage auf Schadensersatz ein. Prompt meldeten sich zahlreiche Firmen und Privatleute aus der gesamten Bundesrepublik, die als Anlieger von Bahntrassen ähnliche Computerprobleme haben. Für sie galt das Berliner Verfahren lange Zeit als Musterprozess.

Weil inzwischen ein Urteil in ähnlicher Sache vorliegt, werden am Dienstag zunächst einmal Grundsatzfragen zu klären sein. Der Bezirk, so Rechtsamtsleiter Jürgen Knebel, beruft sich mit seiner Klage auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes. Danach schließt ein Planfeststellungsbeschluss - wie er auch für die Spandauer Bahntrasse vorliegt - einen Schadenersatzanspruch nicht aus, wenn die entsprechende Problematik im Planfeststellungsverfahren nicht behandelt wurde. Die Stuttgarter Oberlandesrichter befanden indessen, dass ein rechtsbeständiger Planfeststellungsbeschluss bindend ist und der Inhaber eines gleisnahen Grafikbetriebes die Bahnanlage deshalb dulden muss. So bleibt abzuwarten, welcher Rechtsauffassung sich das Berliner Landgericht anschließen wird.

Rainer W. During

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