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Alle an Deck. Das Bühnenbild für die Berliner Inszenierung ist neu: Weil im Theater des Westens so viel Platz ist, ist das Kreuzfahrtschiff beweglich.

© Promo

Theater des Westens: Das Udo-Jürgens-Musical kommt nach Berlin

Knapp drei Monate nach Udo Jürgens’ Tod kommt sein Musical ins Theater des Westens. Auf der Bühne steht auch Dagmar Biener – die den Sänger so gern kennengelernt hätte.

Nur drei „Neins“ sind nötig, um mehr als sechs Jahrzehnte Bühnenerfahrung auf den Punkt zu bringen. Ob Lampenfieber für sie eine Rolle spiele? „Nein“. Und früher? „Nein“. Wirklich noch nie? „Nein“. Dagmar Biener braucht nicht viele Worte, um viel zu sagen. Dann schiebt sie doch noch eine Erklärung hinterher. „Ich stehe, seitdem ich vier bin, auf der Bühne, das ist einfach normal für mich.“ Ihr Debüt feierte die heute 68-Jährige 1950 im Kinderballett des Friedrichstadtpalastes, sie spielte lange an der Tribüne an der Otto-Suhr-Allee, ist immer wieder im Schlossparktheater in Steglitz zu sehen. Und nun, ab dem 25. März auch im Musical „Ich war noch niemals in New York“ mit den Hits von Udo Jürgens.

Es gibt einige, die sie als „Grande Dame“ der West-Berliner Bühnen bezeichnen. „Nein“, sagt sie da wieder, die Bezeichnung würde sie so nicht verwenden. Biener bleibt wortkarg – und sie weiß es. Nicht selten huscht ihr ein Lächeln über das Gesicht, ein anderes Mal lacht sie laut. Im Osten der Stadt hat die kleine Schauspielerin mit dem adrett geföhnten Haar tatsächlich seltener gespielt. Das liege daran, dass es dort kaum kleinere Bühnen gebe – und „die größeren Häuser ihr festes Ensemble haben“. Und weil es nach dem Mauerfall irgendwie so geblieben sei.

Vielen Dank für die Blumen

Aufgewachsen ist die Schauspielerin in Wedding, mittlerweile lebt sie seit mehr als 20 Jahren in Westend – „schön grün da“, sagt sie. Lange Zeit war die Motzstraße und das Viertel rund um den Winterfeldtplatz in Schöneberg ihr Zuhause, „ein doller Kiez“. Sie habe das große Glück gehabt, immer in Berlin spielen zu können. „Ich bin und bleibe Berlinerin und möchte nie woanders wohnen.“ Den Berliner Humor, diesen trockenen und frechen, bei dem alle anderen erst einmal ein bisschen überlegen müssen, wie das jetzt schon wieder gemeint ist“, erzählt sie, „den liebe ich besonders.“ Und, schreibt sie sich diesen auch selber zu? „Ja“, sagt sie – endlich! – und lacht.

Aktuell pendelt sie zwischen dem Schlossparktheater, wo sie neben Dieter Hallervorden in „Der Bürger als Ehrenmann“ noch bis Mitte April auf der Bühne steht, und dem Theater des Westens, wo die Proben fürs Udo-Jürgens-Musical in vollem Gange sind.

Es wird viel herumgewuselt, Regisseurin Carline Brouwer spricht Anweisungen in ein Mikro, Darsteller huschen durch die Reihen. Seit dem sechsten Februar probt das Musical-Ensemble sechs Tage die Woche. Das Orchester im Graben spielt sich warm, wenig später hebt sich der Vorhang zur ersten Szene. „Vielen Dank für die Blumen“ singt Bieners Musical-Tochter zum Einstieg.

Nicht biografisch inspiriert

Uraufgeführt wurde das Stück 2007 in Hamburg, entstanden in enger Zusammenarbeit mit Udo Jürgens. Der Inhalt ist allerdings nicht biografisch inspiriert, ein fiktiver Plot führt Hit für Hit durch die Vorstellung. Biener, die im Musical die Rolle der aufmüpfigen Seniorin Maria Wartberg spielt, hat den Ende 2014 plötzlich verstorbenen Sänger nie persönlich kennengelernt. „Ich war vor zwei Jahren bei einem Konzert, da habe ich ihn zum ersten Mal live gesehen und fand ihn ganz toll“, sagt sie. Bei der Berliner Premiere hätte sie Udo Jürgens persönlich kennenlernen sollen. Der war stets selbst vorbeigekommen, soll den Darstellern noch mal aufmunternd auf die Schulter geklopft haben.

Aus den mehr als 1000 Jürgens-Liedern haben sich die Macher die 20 größten Hits vorgenommen und erzählen ein Familienchaos voller unerfüllter Träume. Dazu gibt es ordentlich Kreuzfahrtromantik. Neu an der Berliner Inszenierung ist das Bühnenbild. Zwar war das massive Schiff auch schon in Wien, Tokio und Zürich zu sehen, allerdings nur mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit. Wegen der außerordentlichen Tiefe der Bühne im Theater des Westens bekommen die Zuschauer nun bislang unentdeckte Seiten im Stück zu sehen – im wahrsten Wortsinn.

Zweite Szene. Maria Wartberg sitzt zusammengesunken auf einem Sofa. Ihre karrierefixierte Tochter habe schon wieder ihren Geburtstag vergessen, lässt Biener sie sagen. Und überhaupt sei ihr Leben im Altersheim trist und wenig aufregend. Musical sei Dank wird in wenigen Sekunden aus tiefer Tristesse aberwitzige Aufmüpfigkeit: „Ich war noch niemals in New York“, singt Biener mit einer trotzig-frechen Stimme. In ihrer Rolle entschließt sie sich kurzerhand, mit ihrem Freund Otto durchzubrennen, um unter der Freiheitsstatue zu heiraten.

New York ist nicht Berlin

Irgendwie unkonventionell ist Biener selber sicherlich auch, „plötzlich nach New York abhauen würde ich jetzt nicht“, hatte sie noch kurz vor der Probe gesagt. Natürlich nicht, könnte man hinzufügen. New York ist ja schließlich nicht Berlin. Ob es denn irgendetwas gebe, was sie an der Hauptstadt nicht möge? Biener zögert keine Sekunde: „Nein.“

- „Ich war noch niemals in New York“, 25. März bis 27. September, täglich um 19.30 Uhr, montags spielfrei, mittwochs um 18.30 Uhr. Sa. und So. zusätzlich um 14.30 Uhr im Stage Theater des Westens, Kantstraße 10-12, Charlottenburg. Karten ab 40 Euro.

Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.

Lea Albring

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