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Das Baerwaldbad in Berlin-Kreuzberg mit dem Charme einer spätrömische Hallenkirche hat zwei Stunden im Monat nur für trans- und intersexuelle Menschen geöffnet.

© Kitty Kleist-Heinrich

Baerwaldbad reserviert Zeiten für Transsexuelle: Hier guckt niemand blöd

Weil für sie der Schwimmbadbesuch oft zur Qual wird, reserviert das Kreuzberger Baerwaldbad einmal im Monat zwei Stunden nur für Trans- und Intersexuelle.

An kaum einem anderen Ort wird die Unterscheidung von Mann und Frau so offensichtlich wie im Schwimmbad. Bikinis und Badehosen zeigen Winterspeck, Haare und Geschlechtsteile. Für Menschen, die sich keinem Geschlecht zuordnen können, wird der Schwimmbadbesuch deshalb oft zur Qual.

Lena war zwei Jahre lang nicht im Schwimmbad. „Ich hatte Angst“, sagt sie. Ihr schulterlanges, lockiges Haar ist an der Seite zu einem Zopf gebunden, sie trägt einen Rock. Im Schwimmbad haben ihr die anderen Badegästen deutlich gemacht: Du bist ein Mann und keine Frau.

Die Gruppe wird zum Schutzraum

Mio Lindner kennt solche Ängste. Der 33-Jährige ist Vorstandsmitglied des „Sonntags-Clubs“, einem Veranstaltungs- und Beratungszentrum für Schwule, Lesben und Transsexuelle in Prenzlauer Berg. „Schwimmbäder sind kein diskriminierungsfreier Raum“, sagt Lindner. Schon oft hörte er von transsexuellen Freunden den Wunsch nach einem Ort zum Schwimmen, wo sie vor blöden Sprüchen und Blicken sicher sein können. Daraufhin initiierte er mit seinen Mistreitern vom Sonntags-Club das Projekt „trans*inter*schwimmen“: Trans- und intersexuellen Menschen soll ermöglicht werden, als Gruppe ein Schwimmbad für sich zu haben – als Schutzraum. „Alle überschreiten gemeinsam die Hemmschwelle. Das hilft dem Selbstbewusstsein“, sagt Lindner.

Zwei Stunden im Monat unter sich sein

Doch ein ganzes Schwimmbad zu mieten ist teuer, und der Sonntags-Club ist ein ehrenamtlicher Verein ohne Geld. Lindner und sein Team schlossen sich deshalb mit dem Sportverein „Seitenwechsel“ für lesbische, trans- und intersexuelle Frauen zusammen und mit dem Jugendnetzwerk Lambda. Im neu renovierten Kreuzberger Baerwald-Bad (Baerwaldstr. 64–67) kam ihre Idee gut an. Seit einem Jahr können dort Trans- und intersexuelle Menschen an einem Samstag im Monat nachmittags für zwei Stunden unter sich sein. Das nächste Mal wieder am 29. November von 13 bis 15 Uhr. Ehrenamtliche kümmern sich um die Kasse und organisieren Bademeisterinnen. Finanziert wird das Ganze durch die fünf Euro Eintritt und Spenden.

Lena traut sich inzwischen schon mehr zu. Im Sommer war sie in einem öffentlichen Freibad. „Es war gut“, sagt sie und lächelt stolz.

Mio Lindner, Vorstand im "Sonntags-Club".
Mio Lindner, Vorstand im "Sonntags-Club".

© Barbara Dietl

An welchen Samstagen in den kommenden Monaten das Baerwald-Bad reserviert ist, erfahren Sie im Internet unter www.sonntags-club.de.

Clara Billen

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