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An der Mauer. Die Sicht ist nun verstellt am Sportplatz.

© Daria Wießer

Streit um Krach in Berlin-Zehlendorf: Im Schatten der Lärmschutzmauer sind die Kinder genervt

Zehlendorf streitet um den Bau einer Schallschutzmauer am Sportplatz. Was sagen Anwohner und Nutzer? Ein Besuch am Fünf-Meter-Wall.

Früher konnte Thomas Müller die Sportplatzanlage in der Marshallstraße von seinem Balkon aus sehen. Wenn seine drei Kinder dort spielten, hatte der Familienvater sie stets im Blick. Das geht jetzt nicht mehr, denn statt auf das Spiel- und Sportgelände „M-Street“ der bezirklichen Jugendfreizeiteinrichtung (JFE) Marshall in Dahlem blickt Thomas Müller nun auf eine fünf Meter hohe Wand. „Es hat mich nicht großartig gewundert, dass die hier so was hinbauen“, sagt Müller. Er klingt resigniert.

Mit „die“ ist Investor Stofanel gemeint. Das Unternehmen lässt wie berichtet die Wohnsiedlung „Fünf Morgen Dahlem Urban Village“ errichten – mit Schallschutzwänden drumherum. Auf dem rund 5,6 Hektar großen Stofanel-Grundstück soll ein Ensemble aus freistehenden Villen sowie Doppel- und Mehrfamilienhäusern entstehen. Das Unternehmen sieht darin, anders als manche Kritiker, ausdrücklich keine Luxusbebauung. Vor dem Lärm der spielenden Kinder und Jugendlichen sollen die künftigen Bewohner geschützt werden – und das sorgt für Unfrieden.

„Total bescheuert“, findet der 17-jährige Tino (alle Namen geändert) die Wand. Er trifft sich „so oft wie möglich“ mit seinen Freunden zum Skaten auf dem Platz, nutzt die Halfpipes und Sprungrampen. „Nur weil die Reichen ihre Ruhe haben wollen, sperrt man die Kinder hinter einer Mauer ein“, beschweren sich die Jugendlichen. Die Schallschutzwand erinnere sie an die Berliner Mauer. „Hässlich“ und „unnötig“ sind noch die harmlosesten Attribute, mit denen sie die Wand kommentieren. „Wir waren zuerst da, und wenn die Leute ihre Ruhe haben wollen, sollen sie woanders hinziehen“, ist sich der Großteil der jugendlichen Skater einig. Nur der 13-jährige Jan widerspricht: „Klar sieht die Wand komisch aus und ist nicht schön, aber so lange ich hier weiter in Ruhe skaten kann, ist mir das egal.“

Drei Mal pro Woche zum Fußballspielen

Auf dem angrenzenden Fußballplatz versperrt nun ebenfalls eine Schallschutzwand den Blick auf die entstehenden Wohnhäuser. „Die Wand macht alles hässlicher und ist einfach nur unnötig“, empören sich Merhad und Dany. Beide gehen in die 10. Klasse des Schadow-Gymnasiums in Berlin-Zehlendorf und sind zwei- bis dreimal die Woche zum Fußballspielen in der „M-Street“. Die Sportanlage, zu der unter anderem die Skaterbahn und der Fußballplatz gehören, kann täglich von 15 bis 20 Uhr genutzt werden. Lärmbeschwerden gab es bisher keine.

Auch Thomas Müller, der mit seinen Kindern in der Stewardstraße direkt neben der neuen Wohnsiedlung und der Sportanlage wohnt, sagt, ihn hätten die Kinder und Jugendlichen „nie gestört“. Dennoch hat Stofanel ein Lärmschutzgutachten in Auftrag gegeben, das Ergebnis: der Lärm sei zu groß. Der Steglitz-Zehlendorfer Fraktionsvorsitzende der Grünen, Uwe Köhne, hatte die Errichtung der Wand zuletzt verteidigt und gesagt, dass nur so die Erhaltung der Anlage gesichert sei. Ohne Mauer wäre davon auszugehen, dass künftige Anwohner gegen den Lärm klagen werden, sagte Köhne. Er wies zudem darauf hin, dass die bisherigen Anwohner nicht vergleichbar nah an der Anlage wohnten. Gebaut werden die Mauern erst einmal. Im Stadtplanungsausschuss soll das Thema dann im Juli zur Sprache kommen.

Die Autoren arbeiten für den Tagesspiegel, der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin der Zeitung aus dem Südwesten Berlins.

Nora Tschepe-Wiesinger

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