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© Anahita Contemporary

Kunst und Widerstand : Wie eine Berliner Galeristin sich mit der Frauenbewegung im Iran solidarisiert

Bis Ende November kuratiert Anahita Sadighi im „stilwerk“ eine ganze Etage. Am Freitag soll es in einem Talk um die iranische Freiheitsbewegung gehen.

„Ungewöhnliche Zeiten fordern ungewöhnliche Maßnahmen.“ Die Berliner Galeristin Anahita Sadighi unterhält seit 2017 die Anahita Contemporary-Galerie. Nun präsentiert sie vor dem Hintergrund der Proteste im Iran erstmals eine eigene Installation.

Im Rahmen des Design & Art Festivals wurde die gebürtige Iranerin vom „stilwerk“ eingeladen, die gesamte 3. Etage in den neu eröffneten Kant-Garagen zu kuratieren. Neben moderner Kunst und Designobjekten steht eine Installation persischer Amphoren im Zentrum der multimedialen Ausstellung, die Sadighi der Frauenbewegung im Iran „Woman – Life – Freedom“ gewidmet hat. 

Sadighis Galerie in der Schlüterstraße verbindet antike, traditionelle Kunst aus dem asiatischen Kulturraum und zeitgenössische Positionen – eine in der Hauptstadt einmalige Verbindung. Für die aktuelle Präsentation in der Westberliner Garage hat sie Amphoren, bauchig-enghalsige Gefäße aus Ton, auf der Fahrbahn des Parkhauses angeordnet.

In der Antike wurden diese als Vorrats- und Transportgefäße unter anderem für Öl, Oliven, Wein, Honig oder Milch genutzt. Die Form erinnerte Sadighi an die Fruchtbarkeitsgöttinnen vorderasiatischer Kulturen, an das „Schöpferische und Lebensbejahende des Weiblichen.“

Die Amphoren stehen für die Frauenbewegung, die ein Ende der islamischen Republik fordert.

© Anahita Contemporary

Die antiken Gefäße sind teilweise blau, graugrün, türkis glasiert und wurden von nomadischen Frauen aus der Region zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert hergestellt. Jedes Gefäß ist eine Einzelanfertigung, ein Unikat. Sie stehen jetzt für die protestierende, vielfältige Frauenbewegung im Iran.

Diese werde, so Sadighi, von weiten Teilen der Bevölkerung getragen – unabhängig von Ethnie, Alter oder sozialer Klasse. In der Komposition bildeten die Gefäße wiederum eine geschlossene Einheit, welche die „besondere widerständische Kraft der Iraner:innen symbolisiert, mit der sie dem Regime trotzen“.

Auf einer Erhöhung vor den Fenstern hat Sadighi als Gegenpol hohe, ostanatolische Butterfässer zu einem Halbmond angeordnet, welche die Amphoren feindlich betrachten sollen. Die Butterfässer stehen als Metapher für das Mullah-Regime, dessen Zeit abgelaufen sei. Ähnlich wie saure, ranzige, fettige Butter.

Sadighi sieht die Butterfässer als Metapher für den Wächterrat in Iran, der umfassende Kontrollfunktionen erfüllt. 

© Anahita Contemporary

Zu ihrer ersten eigenen künstlerische Arbeit sagt Sadighi: „Als ich sah, was gerade in Iran geschieht, war es ganz klar und natürlich, dass ich in meiner Rolle als Galeristin darauf reagiere. Kunst kann auch Widerstand bedeuten.“

Anahita Sadighi leitet in Berlin-Charlottenburg zwei Galerien.

© Sieba Abadi

Ihre Installation erzähle die Geschichte der Region und der Frauen. „Eine mutige, berührende und sehr persönliche Geschichte, die wir in der deutschen Kunstszene kaum erleben“, sagt Sadighi. Ihre Identität als Iranerin und Berlinerin, der „Zwischenraum“ in dem sie sich bewege, ermögliche es ihr, „neue Perspektiven aufzuzeigen und in den Dialog zu treten“. 

Das westliche Bild der iranischen Frau müsse sich wandeln, sagt Sadighi. Bei der Vorstellung der unterdrückten, schwachen und passiven iranischen Frau handele es sich um eine Projektionsfläche westlicher Normvorstellungen.

Dagegen würden die Iraner:innen aktuell beweisen, dass der innere Drang nach Freiheit und ihre Forderung nach fundamentalen Frauenrechten nichts sei, was vom „Westen“ komme, der so oft eine durchgängig fortschrittliche Modernität in Anspruch nehme.

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Die Ausstellung wird noch bis Ende November in den Kant-Garagen zu sehen sein. Am 11. November lädt Sadighi in den 3. Stock der Kant-Garagen zu einem Abend ein, der die Aufmerksamkeit auf die Lage im Iran richten soll. Neben der von ihr kuratierten Ausstellung können Poesie, Tanz, Musik und Kulinarisches genossen werden.

Außerdem wird es um konkrete Hilfsvorschläge gehen. Über Unterstützung für die Freiheitsbewegung diskutiert ein prominente Runde: Düzen Tekkal (Autorin, Menschenrechtsorganisation Hawar Help), Gilda Sahebi (Journalistin, taz), Bijan Djir-Sarai (Generalsekretär FDP) und Behzad Karim Khani (Autor und Betreiber der Lugosi Bar).

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