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„Für die Schulkinder ist es hier jeden Tag regelrecht eine Mutprobe, den Osteweg zu überqueren“, sagt der Elternvertreter Johannes Schößler.

© Anett Kirchner

Steglitz-Zehlendorf: Eltern fordern Tempo 30: Straßenüberquerung - eine Mutprobe!

Eltern in Lichterfelde sind in Sorge um ihre Kinder. Sie fordern Tempo 30 am Osteweg, weil, wie sie sagen, die tägliche Straßenüberquerung eine Mutprobe für ihre Kinder sei. Und das wiederum sei eine Zumutung. Aber der Senat winkte ab: Zu wenig Verkehr.

Gegen acht Uhr morgens an Werktagen beginnt am Osteweg in Lichterfelde das Verkehrschaos. Eltern bringen ihre Kinder zur Schule oder in die Kita. Plötzlich fahren hier im Sekundentakt Autos die Straße hinauf und hinab. Wenn einer links in die Harry-S.-Truman-Allee einbiegen möchte, schwierig. Und noch schwieriger wird es, wenn Fußgänger oder Radfahrer den Osteweg überqueren wollen. Für Kinder ist das lebensgefährlich, finden einige Eltern und fordern hier Tempo 30 und einen Fußgängerüberweg. Eine Stunde später - gegen neun Uhr - ist am Osteweg wieder alles still; bis sich das Szenario nachmittags wiederholt.

Tempo 30 für mehr Sicherheit

„Muss eigentlich erst etwas passieren, ehe man unseren Beobachtungen Glauben schenkt“, fragt sich Elke Brumm. Ihre beiden Söhne besuchen die private Phorms-Schule an der Harry-S.-Truman-Allee. Seit zwei Jahren kämpft die couragierte Mutter gemeinsam mit weiteren Eltern darum, dass am Osteweg die Geschwindigkeit auf Tempo 30 reduziert wird - mindestens zwischen Seehofstraße und Schottmüllerstraße und mindestens zu den Stoßzeiten.

Kurz eine Schilderung der Lage vor Ort: Am Osteweg auf einem Eckgrundstück befindet sich die Kita „McNair“, deren Eingang jedoch an der Harry-S.-Truman-Allee liegt. Hier wiederum gibt es noch eine weitere Kita, eine Grundschule und ein Gymnasium. Auf dem gesamten Campus besuchen etwa 560 Kinder die verschiedenen Einrichtungen. Viele kommen aus der Wohngegend am Osteweg, erklären die Eltern. Zwar gebe es in der Harry-S.-Truman-Allee eine Tempo-30-Zone, aber am Osteweg eben nicht.

Hier wird gerne gerast

Und das verleite so manchen Autofahrer zum Rasen. Besonders gefährlich sei es an der Einbiegung zur Harry-S.-Truman-Allee. „Für die Schulkinder ist es hier jeden Tag regelrecht eine Mutprobe, den Osteweg zu überqueren“, berichtet Johannes Schößler, Vater einer Schülerin der Phorms-Schule und Elternvertreter. Diese Gefahrenstelle sei ein Grund, warum viele Eltern ihre Kinder persönlich oder mit dem Auto zur Schule brächten. Um auf das Problem aufmerksam zu machen, haben die Elternvertreter der Arbeitsgemeinschaft Verkehrssicherheit der Schule inzwischen fast 600 Unterschriften gesammelt und sich mehrfach an die zuständige Senatsverwaltung gewandt. Auch die Schulleitung unterstützt die Forderung der Eltern. Bislang erfolglos.

Für Kinder ist das Überqueren des Osteweges lebensgefährlich, finden einige Eltern und fordern hier Tempo 30 und einen Fußgängerüberweg.
Für Kinder ist das Überqueren des Osteweges lebensgefährlich, finden einige Eltern und fordern hier Tempo 30 und einen Fußgängerüberweg.

© Anett Kirchner

Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt teilt auf Nachfrage des Tagesspiegels mit, dass die zuständige Verkehrslenkung Berlin (VLB) das Anliegen am Osteweg bereits 2012 und 2013 wegen des sehr geringen Verkehrsaufkommens - circa 4000 Fahrzeuge am Tag und wenige Querungen durch Fußgänger - abschließend geprüft und rechtsbehelfsfähig abgelehnt habe.

„Ich bezweifle, dass die VLB zur richtigen Uhrzeit vor Ort war, sonst würde sie sehen, dass Gefahr im Verzug ist“, erklärt Jayne Morgan, die Leiterin der Phorms-Grundschule. Stichproben seien ohnehin nur Momentaufnahmen, die nicht das widerspiegelten, was tägliche Verkehrsteilnehmer erlebten. „Man muss schon die Augen verschließen wollen, um die gefährliche Situation am Osteweg nicht zu erkennen“, ärgert sich Elternvertreterin Britta Horstmann. Sie hat den Eindruck, dass trotz des offenkundigen Missstandes hier keine Lösung gewollt sei. „Privatschulen haben vielleicht nicht die oberste Priorität bei der VLB?“

In der Harry-S.-Truman-Allee ist Tempo 30, im Osteweg nicht
In der Harry-S.-Truman-Allee ist Tempo 30, im Osteweg nicht

© Anett Kirchner

Petra Rohland, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt, macht dazu deutlich, dass die Phorms-Schule nicht am Osteweg liegt, sondern an der Harry-S.-Truman-Allee. „Schulwege verlaufen in Berlin auch entlang von Hauptverkehrsstraßen“, sagt Rohland. Zur Querungssicherung notwendige Maßnahmen wie Fußgängerüberwege würden im Einzelfall getroffen.

Zum Argument der Eltern, dass die Kita „McNair“ zum Teil am Ostweg liegt, erklärt Rohland, dass Kleinkinder aufgrund ihrer kognitiven Fähigkeiten nicht ohne Aufsicht am Straßenverkehr teilnehmen können und daher begleitet werden müssen. Selbstverständlich werde jeder Antrag in Bezug auf eine Kita als Einzelfall genau geprüft. „Sollten sich Hinweise ergeben, dass hier Tempo 30 erforderlich ist, kann natürlich eine Anordnung erfolgen“, so Rohland.

Auf einem Eckgrundstück am Osteweg liegt die Kita „McNair“, deren Eingang jedoch an der Harry-S.-Truman-Allee ist.
Auf einem Eckgrundstück am Osteweg liegt die Kita „McNair“, deren Eingang jedoch an der Harry-S.-Truman-Allee ist.

© Anett Kirchner

Dass am Osteweg zwischen Schottmüllerstraße und Seehofstraße Tempo 30 erforderlich wäre, finden offensichtlich auch die Bezirksverordneten von Steglitz-Zehlendorf. Im September vergangenen Jahres haben sie einen entsprechenden Antrag der Fraktionen der Grünen und der CDU beschlossen. Darin heißt es, dass sich das Bezirksamt bei den zuständigen Stellen dafür einsetzen soll, während der Betriebszeiten des Kindergartens von 6 bis 18 Uhr eine Geschwindigkeitsbegrenzung einzuführen.

„Die Verkehrslenkung Berlin hat aber diesen Beschluss ignoriert und lehnt sämtliche entschärfende Maßnahmen am Osteweg ab“, sagt Johannes Schößler. Das sei einfach nur schade und zugleich ein Beweis für die fehlende interdisziplinäre Kooperation zwischen Bezirk und Land.

Die Autorin Anett Kirchner ist freie Journalistin, wohnt in Steglitz-Zehlendorf, und schreibt seit Januar 2014 als lokale Reporterin regelmäßig für den Zehlendorf-Blog des Tagesspiegels.

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