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Auf der Januar-BVV gab es anscheinend enormen Diskussionsbedarf: Zweimal wurde die Sitzung für längere Zeit unterbrochen, weil die Fraktionen unter Ausschluss der Öffentlichkeit das Gespräch suchten

© Anett Kirchner

Zwischenfall bei BVV-Sitzung in Steglitz-Zehlendorf: Jugendliche wollen CDU aufwecken

Bei der ersten Sitzung der BVV von Steglitz-Zehlendorf in 2017 gab es zu Beginn Protest eines Jugendbündnisses. Viel zu diskutieren war auch später.

Ein Zwischenfall im Bürgersaal des Rathauses Zehlendorf hat am Mittwoch in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) von Steglitz-Zehlendorf zu einer kurzzeitigen Irritation geführt. Jugendliche hielten große, weiße Zettel in die Höhe auf denen der Satz stand: „Wenn Schwarz zu Blau wird, muss der Himmel rot werden.“ Wie ein Sprecher der jungen Aktivisten mitteilte, wollten sie mit dieser Botschaft für eine Isolation menschenfeindlicher Politik und gegen jegliche Kooperation mit der AfD im Bezirksparlament protestieren. Adressat war vor allem die CDU-Fraktion. Bezirksvorsteher Renè Rögner-Francke (CDU) ermahnte die jungen Leute, solche Aktionen zu unterlassen, da laut Geschäftsordnung Beifall oder Missbilligung im Publikum nicht zulässig seien.

Die etwa 20 Jugendlichen gehören zu einem parteilosen Bündnis, das sich „Jugend für Steglitz-Zehlendorf“ nennt. „Wir finden, dass keine demokratische Partei mit der AfD zusammenarbeiten sollte, wie es sich seitens der CDU in der ersten BVV-Sitzung anbahnte“, sagten sie dem Tagesspiegel Steglitz-Zehlendorf. Denn gemeinsam hätten die beiden Parteien etwa die Wahl einer Jugendstadträtin der SPD in der BVV-Sitzung im November verhindert.

Die Aktion sollte ein Weckruf für die CDU sein

Nach Ansicht des Jugendbündnisses trete die CDU, die sich als Partei der Mitte sehe, einer Partei, die das Symbol des Rechtsruckes in Steglitz-Zehlendorf darstelle, viel zu offen entgegen. Menschenfeindlichkeit sei nicht christlich demokratisch. „Unsere Aktion geht nicht gegen die CDU, sie soll vielmehr ein Weckruf sein“, erklärten die Jugendlichen.

Etwa eine halbe Stunde nach Beginn der BVV-Sitzung in einer kurzen Pause verließen die Aktivisten den Saal, nicht ohne die Zettel mit ihrer Botschaft noch einmal in die Höhe zu halten. In den Reihen der Bezirksverordneten blieb es währenddessen erstaunlich still. Keine Unmutsäußerungen, keine Beifallsbekundungen, keine sonstige Reaktion, nichts. Der Großteil machte eher einen irritierten Eindruck. 

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Torsten Hippe, der zwar die Aktion nicht mitbekommen hatte, weil er etwas später zur BVV-Sitzung kam, war den Jugendlichen aber noch im Foyer des Rathauses begegnet. Zu ihrem Anliegen sagte er dem Tagesspiegel im Nachhinein: „Das ist dummes Zeug!“

So ruhig die Bezirksverordneten bei dieser Aktion blieben, so unruhig verhielten sie sich im weiteren Verlauf des Abends. Offensichtlich bestand enormer Diskussionsbedarf. Zweimal wurde die Sitzung für längere Zeit unterbrochen, weil die Fraktionen unter Ausschluss der Öffentlichkeit das Gespräch suchten. Doch die Verhandlungen brachten offenbar keine Einigung, etwa in Bezug auf die Verteilung der Sitze der Bezirksverordneten im Jugendhilfeausschuss.

Die Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf.

© Anett Kirchner

Nach einem Antrag der Grünen und CDU sollen die CDU drei Sitze, die SPD einen Sitz, die Grünen zwei Sitze und die AfD, FDP und Linken jeweils einen Sitz bekommen. Zwar wurde der Antrag mit einer Mehrheit beschlossen; allerdings ohne die Stimmen von SPD und Linke. „Die Verteilung ist rechtswidrig, denn die SPD müsste als zweitstärkste Kraft in der BVV zwei Sitze bekommen“, erklärte Volker Semler, Fraktionsvorsitzender der SPD. Das ergebe sich aus dem Bezirksverwaltungsgesetz, wonach sich das Wahlergebnis und die jeweiligen Mehrheits- und Stärkeverhältnisse der BVV-Fraktionen in der Sitzverteilung bei den Ausschüssen widerspiegeln müsse. Volker Semler legte deshalb gegen den BVV-Beschluss formal Widerspruch ein.

Ein zweiter Knackpunkt in der Sitzung war ein Entwurf zur Beschlussfassung eines Bebauungsplanes (B-Plan) für Lichterfelde-West, bei dem es speziell um ein Gelände am Augustaplatz ging. „Damit wollen wir den ortstypischen Charakter der Gegend schützen, vor allem eine Bebauung in den Block-Innenbereichen verhindern“, erläuterte Torsten Hippe. Weil eine Veränderungssperre dort zu Ende Februar auslaufe, müsse der B-Plan bis dahin beschlossen werden. „Danach ist das verloren“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende.

Den Bezirksverordneten von FDP und Linke ging diese Vorgehensweise jedoch zu schnell. Deshalb beantragten sie zunächst eine Überweisung des B-Plan-Entwurfes in den Ausschuss für Stadtplanung. „Ich kann ihre Argumente durchaus verstehen, Herr Hippe, aber wir finden es nicht richtig, dass Sie so einen Druck aufbauen“, machte Mathia Specht-Habbel von der FDP-Fraktion deutlich. Ihr Ansatz sei, mit Ruhe und Sorgfalt zu arbeiten, statt schnell, schnell.

Bader: Über den B-Plan muss dringend noch einmal gesprochen werden

Gerald Bader, Fraktionsvorsitzender der Linken, ging einen Schritt weiter und sagte, dass er den Druck, den besagten B-Plan-Entwurf im Eilverfahren zu beschließen, als politische Nötigung empfinde. Hippe habe zudem argumentiert, dass bei einer Überweisung in den Ausschuss zusätzliche Kosten entstünden. „Damit nimmt er uns doch moralisch in die Verantwortung“, schilderte Bader sichtlich verärgert. Doch nach seiner Überzeugung müsse über den B-Plan dringend noch einmal gesprochen werden. Es seien formale Fehler darin und er werfe viele Fragen auf. „Denn wir sind nicht gewählt worden, um Vorlagen des Bezirksamtes unkritisch durchzuwinken“, fügte er hinzu.

Peer Döhnert, Vorsitzender der AfD-Fraktion, sah das anders und sagte: „Ich würde mich freuen, wenn wir die Sache abhaken können.“ Denn es gebe noch viele andere wichtige Aufgaben im Bezirk. Hierbei gehe es schließlich darum, das Ensemble der Wohnbebauung am Augustaplatz zu erhalten und das befürworte er.

Den besonderen Charakter dieser Gegend in Lichterfelde-West zu schützen, dafür sprachen sich auch die Grünen aus. „Nach dem bisherigen B-Plan kann dort jeder Eigentümer bauen, was er will“, erklärte der Fraktionsvorsitzende Bernhard Steinhoff. Nur die Veränderungssperre, die bis Ende Februar gelte, verhindere das im Moment. Zwar sehe die parlamentarische Beratung vor, solche Entwürfe im Ausschuss zu besprechen, aber aufgrund der Dringlichkeit, könne er den Wunsch verstehen, dass der B-Plan so schnell wie möglich beschlossen werden soll.  

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