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Berlin: Bezirksfusion: Rot-Rot-Grün sieht noch lange nicht schwarz

Friedrichshain / Kreuzberg. Sein Rücktritt kam überraschend und in letzter Minute.

Friedrichshain / Kreuzberg. Sein Rücktritt kam überraschend und in letzter Minute. Eigentlich wollte die PDS auf ihrer heutigen Hauptversammlung Dieter Hildebrandt zum Kandidaten für das Bürgermeisteramt im künftigen Fusionsbezirk küren. Auf ihn hatte sich das linke Dreierbündnis aus PDS, SPD und Grünen geeinigt. Jetzt allerdings zog er seine Bewerbung zurück, nachdem Vertreter der Bündnisgrünen - wie gestern berichtet - eine Verschiebung der Wahl gefordert hatten. Gegen Hildebrandt werden Vorwürfe in Zusammenhang mit einem Hallenneubau in der Samariterstraße erhoben. Als Sportstadtrat soll er einen angeblich unseriösen Unternehmer beauftragt haben und möglichen Unregelmäßigkeiten nicht nachgegangen sein. Sogar von Bestechungsgeldern war die Rede - bewiesen ist allerdings nichts.

Hildebrandt selbst war gestern nicht zu sprechen, die Bezirksvorsitzende der PDS, Martina Michels, bestätigte aber seine Entscheidung. Sie sprach von einer "Schlammschlacht": "Er wurde durch die Vorwürfe menschlich und psychisch kaputt gemacht." Nach wie vor sei sie aber davon überzeugt, "dass an den Unterstellungen nichts dran ist." Die Reaktionen auf den Rücktritt waren gestern verhalten. "Irritiert" zeigte sich Monika Herrmann von den Kreuzberger Grünen. Auch der schärfste Kritiker Hildebrandts, ihr Parteikollege Lars Liepe aus Friedrichshain, verkniff sich triumphierende Worte angesichts der Neuigkeit. "Das ist eine schwere Niederlage für die PDS ", meinte er lediglich. Liepe hatte das umstrittene Bauprojekt kritisiert und angekündigt, Hildebrandt nicht mitzuwählen. Er glaubt, dass die Suche nach einem neuen Kandidaten sich schwierig gestalten könnte: Der Bezirksvorstand der PDS habe angeblich mehrmals durchblicken lassen, dass es im Bezirk keine Alternative zu Hildebrandt gebe. Auch Peter Steiniger, Sprecher der PDS-Basisorganisation Junge Linke, deutete an, dass auch Bewerber aus anderen Bezirken denkbar seien. Die Junggenossen hatten kürzlich deutliche Kritik an Hildebrandts Person und Politikstil geübt.

Vertreter der CDU sehen nun wieder Spielraum für ein Bündnis gegen die PDS. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Klaus Landowsky, nahm Hildebrandts Entscheidung "mit Befriedigung" zur Kenntnis und forderte SPD und Grüne zu neuen Gesprächen auf. CDU-Kreischef Kurt Wansner sagte, man werde "fast bis zur Selbstverleugnung gehen, um einen PDS-Bürgermeister zu verhindern." Er will immer noch den Grünen Franz Schulz wählen.

Aus den Reihen von SPD und Grünen wurden diese Erwartungen gedämpft. Der SPD-Kreisvorsitzende Stefan Zackenfels sah "keinen Anlass, an der Beschlusslage zu zweifeln". Man habe "inhaltlich und personell" hinter dem linken Bündnis gestanden, ergänzte der Kreuzberger Fraktionssprecher Peter Beckers. Neue Verhandlungen mit der CDU kann er sich nur schwer vorstellen. Laut Zackenfels kann möglicherweise sogar der Zeitplan - am 18. Oktober sollten die Wahlen stattfinden - noch eingehalten werden. "Der Ball ist jetzt bei der PDS", sagte er.

Johannes Metzler

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