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Berlin: Bezirkspolitiker der CDU genügen Schönbohms Ansprüchen nicht

BERLIN .Die meisten Bürgermeister und Stadträte von SPD, Bündnisgrünen und PDS sind nach den Kriterien von Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) für ihr Amt ausreichend qualifiziert - viele CDU-Bezirkspolitiker dagegen eher nicht.

BERLIN .Die meisten Bürgermeister und Stadträte von SPD, Bündnisgrünen und PDS sind nach den Kriterien von Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) für ihr Amt ausreichend qualifiziert - viele CDU-Bezirkspolitiker dagegen eher nicht.So wäre Marlies Wanjura nicht in der Lage, Bürgermeisterin von Reinickendorf zu werden und Matthias Stefke nicht Baustadtrat von Kreuzberg.Die Innenverwaltung konkretisierte denn auch gestern ihre Pläne, die der Tagesspiegel am Freitag veröffentlichte: Nicht allein ein Hochschulabschluß solle künftige Stadträte qualifizieren, nun soll eine "vergleichbare Ausbildung" genügen.Was das genau heißen soll, ist indes noch nicht klar.

Der Innensenator plant, wie berichtet, einen Gesetzentwurf in den Senat einzubringen, der eine gewisse Qualifizierung künftiger Amtsinhaber in den Bezirken sicherstellen soll.Schönbohm hatte sich über die vermeintliche Inkompetenz in den Bezirksämtern mokiert.Diese führe dazu, daß Berlin in der restlichen Republik "dem Unverständnis bis zur Lächerlichkeit" preisgegeben werde.

Die Stadträte und Bürgermeister, über die sich Schönbohm am meisten ärgert, etwa weil sie die Regenbogenflagge vor den Rathäusern hissen, verfügen allerdings allesamt über ein abgeschlossenes Hochschulstudium.Schönebergs Bürgermeisterin Elisabeth Ziemer ist promovierte Kunsthistorikerin, ihr Kreuzberger Kollege Franz Schulz ist Physiker und Reinhard Kraetzer aus Prenzlauer Berg Theaterwissenschaftler.

Die nötige Schönbohmsche Qualifizierungshürde würde allerdings die Krankenschwester Marlies Wanjura (CDU, Bürgermeisterin in Reinickendorf) nicht nehmen können.Ebenso blieben der Krankenpfleger Frank von Olszewski (CDU, Gesundheit und Soziales in Prenzlauer Berg) und seine Amtskollegin Elke Gassert (CDU, Wedding) außen vor.Auch ein besonders erfahrener SPD-Politiker würde die Hürde nicht nehmen: Weddings Rathauschef Hans Nisblé.Entsprechend groß ist die Empörung in den Bezirksämtern über Schönbohms Vorstoß.

Weddings CDU-Finanzstadtrat Horst-Dieter Havlicek (Magister der Geschichte) kann die Diskussion, die sein Parteikollege angeschoben hat, nicht recht nachvollziehen: "Personalführung lernt man nicht durchs Studieren." Stefanie Vogelsang, CDU-Dezernentin für Gesundheit und Soziales in Neukölln (Diplom-Volkswirtin), sekundiert: "Nicht nur Hochschulabsolventen sind mit Verstand ausgestattet." Tiergartens Bündnisgrüner Bürgermeister Jörn Jensen (Studienrat) sieht durch Schönbohms Vorschläge die politische Entscheidungfreiheit der Parteien beeinträchtigt.Die Folge: "Es gäbe nur noch Laufbahnbeamte, und die Position der Akademiker wäre völlig überhöht."

Charlottenburgs CDU-Wirtschafts- und Finanzstadtrat Helmut Heinrich sah sich zunächst auch bei den Schönbohm-Kriterien durchs Raster fallen: Er habe nur einen Abschluß an der Fachhochschule, gab er an.Eine Stunde später meldete er sich nochmal: Als Diplom-Verwaltungswirt habe er schließlich eine interne Laufbahn absolviert, die einem Hochschulabschluß gleichkomme.Sollten Schönbohms Vorschläge tatsächlich umgesetzt werden, könnte Heinrich also, wäre er nicht ohnehin schon Amtsinhaber, für einen Dezernentenposten kandidieren.Etliche Kollegen aber würde er nicht wiedersehen.

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