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"Müssen" und "wegrücken": An einer Berliner Waldorfschule nicht nur Wörter für die Tafel.

© Mohssen Assanimoghaddam/dpa

Update

Bildung in Berlin: Waldorfschule lehnt Kind eines AfD-Politikers ab

Weil sie "Konfliktpotenzial" sieht, nimmt eine Berliner Schule ein Kind nicht auf. Eine Folge des Online-Beschwerdeportals der Berliner AfD-Fraktion?

Von Sandra Dassler

Obwohl ein Kind bereits eine Waldorf-Kita in Berlin besucht, wird es nicht in die entsprechende Schule aufgenommen. Der Grund: Sein Vater ist AfD-Abgeordneter. Das berichtet die „Berliner Zeitung“ anonymisiert, um den Schüler zu schützen. Die Zeitung zitiert den Geschäftsführer des Trägervereins der Waldorfschule mit den Worten, man habe um eine „einvernehmliche Lösung des Konflikts gerungen“, sie aber nicht erreicht. Daher sehe die Schule „keine Möglichkeit, das Kind mit der nötigen Unvoreingenommenheit und Unbefangenheit aufzunehmen – beides sind Grundvoraussetzungen, um die Entwicklung des Kindes angemessen zu fördern“.

Auf Anfrage der "Berliner Zeitung" bewertete Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) den Beschluss der Waldorfschule als „äußerst kritisch“. Nach dem, was man derzeit über den Vorgang wisse, sei die Privatschulaufsicht eingeschaltet worden, teilte Scheeres’ Sprecherin Beate Stoffers der Zeitung am Sonntag mit. Diese lasse sich jetzt genau erklären, was hinter der Entscheidung stehe.

Der Streit zieht sich bereits seit Monaten hin: Schon im Oktober wurde der Fall bei einer Schulversammlung mit Eltern und Pädagogen besprochen. Als Begründung für die Ablehnung heißt es nun, „dass der Fall auch künftig Konfliktpotenzial birgt“. Damit bezieht sich die Schule offenbar auf das „Online-Beschwerdeportal“ der Berliner AfD-Fraktion. Dort sollen Schüler Lehrer melden, die gegen die AfD „agitieren“.

Sprecher der Schulleiter kritisiert "Eigenleben" der Privatschulen

Wie an der Waldorfschule selbst gehen die Meinungen auch bei anderen Berliner Eltern und Lehrern auseinander. „Ich halte das für unglaublich“, sagt Ralf Treptow: „Hier soll doch nur die Aufnahme eines Kindes entschieden werden.“ Für den Vorsitzenden der Vereinigung der Berliner Oberstudiendirektoren, der auch Schulleiter des Rosa-Luxemburg-Gymnasium in Pankow ist, zeigt der Fall, „welch’ ein Eigenleben die Privatschulen inzwischen entwickelt haben. Dafür ist die Bildungspolitik verantwortlich, die bei den staatlichen Schulen endlich das schaffen muss, was viele Eltern vermissen. Offensichtliche Diskriminierung darf es weder an staatlichen noch an privaten Schulen geben.“

Von der Bildungsverwaltung hieß es, auch freie Schulen dürften Kinder nicht nach Gesinnung auswählen. An einer öffentlichen Schule werde das Kind des AfD-Mannes selbstverständlich aufgenommen.

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