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Berlin: Bio, mein Bio

Noch sind es wenige. Aber Restaurants mit ökologischem Essen haben Zukunft. Ein Streifzug

Der Teller ist so randvoll, das könnte glatt die Hauptspeise sein. Aber nein: Das viele Gemüse, die Frischkäsecremes in Schälchen, das Obst und die Cracker sind im „Lei e Lui“ nur zum Warmessen gedacht. Bedenkt man, dass auf dem Teller nur hochwertige Bioware liegt und man dafür bloß 6,50 Euro zahlt, drängt sich die Frage auf, warum das Restaurant in den anderthalb Jahren seines Bestehens nicht pleite gegangen ist.

Hier sind Idealisten am Werk. Karin Kaiser und Sebastiano Rucci betreiben eines der wenigen Bio-Restaurants in Berlin (siehe Kasten). Bald dürften es mehr werden, die Nachfrage steigt. Das weiß man auch beim Hotel- und Gaststättenverband Berlin. „Wir halten den Trend zu immer mehr Bio-Produkten für sehr richtig“, sagt Vizepräsident Klaus-Dieter Richter. „Es ist ja so, dass auch die Bio-Supermärkte, die immer dominanter die Einkaufsszenerie bestimmen, stets voll sind.“ Richter findet es sinnvoll, dass für die bessere Qualität der angebotenen Speisen auch höhere Preise verlangt werden. „Der Verbraucher ist bereit, diese zu zahlen.“

Auf der handgeschriebenen Tageskarte des „Lei e Lui“ prangt oben fast schamhaft eine Öko-Kontrollstellennummer, die beweist, dass es sich um geprüfte Bio-Speisen handelt. „Um dieses Prüfsiegel zu erhalten, bedarf es täglicher Buchführung über alle eingekauften und verkauften Biowaren“, erklärt die Küchenchefin. Auch Gewürze haben hier das Bio-Siegel. Darauf legt Karin Kaiser Wert, denn die geben einen besseren Geschmack als herkömmliche Gewürze, sagt sie.

Ein Gorgonzola-Lauch-Risotto mit Weißwein, gerösteten Pinienkernen und Safran mit frischem Lachsforellenfilet aus dem Backofen mit Salat kostet 18 Euro. Großen Zuspruch finden in jüngster Zeit auch die Bio-Kuchen, zu denen ein allerdings etwas bitterer Kaffee serviert wird, der kein Siegel trägt.

Das Kreuzberger Restaurant Diwan, am ruhigen Teil der Bergmannstraße gelegen, verwendet ausschließlich biologisch angebaute Produkte für seine Speisen. Es wird einzig vom Großhändler Terra Naturkost beliefert, darauf ist Betreiber Ahmet Tasdemir stolz. Eine Speisekarte gibt es nicht, das ist bei zwei bis drei wechselnden Tagesgerichten auch nicht nötig. Tasdemir setzt auf Saisongemüse und wenig Fleisch. Zum Beispiel Kartoffelgratin mit Kürbisragout für acht Euro, zusätzlich eine Fenchel-Orangencremesuppe mit Vollkornbrot als Beilage, außerdem einen Rote-Beete-Eintopf mit Kokosmilch. Auch die Getränke sind vom Bio-Zulieferer: Es gibt Bionade, Lammsbräu-Bier und verschiedene Öko-Weine. Noch ist das sechs Monate alte Restaurant kaum bekannt, doch mit der Öffnung der Sommerterrasse auf der Südseite verspricht sich Tasdemir mehr Zulauf. Noch eine vorausschauende Besonderheit bietet das mit Natur-Ziegelsteinen zurückhaltend und warm gestylte Restaurant: Rauchen ist hier nicht erlaubt. Und das, obwohl Tasdemir selbst kein Nichtraucher ist.

Das „Engelbecken“ könnte man als gediegenes Großstadtrestaurant bezeichnen, es ist malerisch am Lietzenseeufer gelegen. Mit dem Stichwort „Bio-Essen“ möchte Betreiberin Marion Moutell gar nicht werben. „Da kommen dann Leute, die nachfragen, ob jedes Salzkorn biologisch angebaut wurde“, erzählt sie mit vielsagender Miene. Die Küche verwendet zwar so viele Bio-Produkte wie möglich, wenn aber einzelne Zutaten nicht in Bio-Ausführung erhältlich sind, greift man auf konventionelle Produkte zurück. Die Stammkunden halten dem Engelbecken, das vor Jahren aus Kreuzberg nach Charlottenburg zog, die Treue. Die Gaststube mit den großen Panoramafenstern und den selbst designten Kronleuchtern ist jeden Tag gut gefüllt. Vor allem die Gerichte mit Bio-Fleisch sind gefragt. Es gibt Münchener Weißwürste und das seltene Ruppiner Weidelamm. Allein dafür lohnt sich die Fahrt zum Lietzensee.

Dirk Engelhardt

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