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Berlin: Bischof Huber kritisiert „staatliche Intoleranz“

SPD und PDS verteidigen Ethikunterricht

Der Evangelische Bischof Wolfgang Huber hat erneut scharfe Kritik an Plänen von SPD und PDS für ein Pflichtfach Ethik in der Berliner Schule geübt. „Was als MultikultiGedanke angefangen hat, schlägt in praktizierte staatliche Intoleranz gegenüber gelebter Religion um“, sagte Huber, der zugleich Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, im Inforadio des RBB. Er warf der Berliner Regierungskoalition vor, nicht nur die Islamische Föderation, sondern gleich alle Religions- und Bekenntnisgemeinschaften aus den Schulen verdrängen zu wollen. Huber wörtlich: „Es kann nicht sein, dass die Abwehr eines Unterrichts, der in einem problematischen Verhältnis zu den Grundzügen unserer Verfassung steht, damit erkauft wird, dass die christlichen Kirchen gleich auch vor die Türen der Berliner Schulen gesetzt werden.“ Ein Pflichtfach Ethik schränke in der schulischen Praxis die Wahlfreiheit für ein Fach Religion ein.

Felicitas Tesch, bildungspolitische Sprecherin der SPD–Fraktion, weist die Kritik von Huber zurück. „Kein Mensch möchte Religionsgemeinschaften aus den Schulen verdrängen“, sagte Tesch. Die SPD-Politikerin ist eine Verfechterin des von der Koalition favorisierten Pflichtfachs Ethik ohne Abwahlmöglichkeit zugunsten eines Religions- oder Weltanschauungsunterrichts. „Ich stehe für dieses Modell, weil alle Kinder gemeinsam einen Werteunterricht haben sollten.“ Die Kirchen geben sich mit dieser Argumentation nicht zufrieden: Sie haben Sorge, dass freiwillig kaum noch ein Schüler in ihren Religionsunterricht gehen wird. Wie berichtet, befürchten vor allem auch evangelische Religionslehrer, dass sich ihr Unterricht mangels Nachfrage „totläuft“, wenn er nur noch zusätzlich zum staatlichen Fach Ethik und erst im Anschluss an den regulären Unterricht belegt werden kann. Sie versuchen zurzeit mit einer Unterschriftenaktion, Widerstand gegen die „faktische Abschaffung“ des Religionsunterrichts zu organisieren. Zugleich planen das katholische Erzbistum, die Evangelische Kirche und die Jüdische Gemeinde zum 4. April einen gemeinsamen Aufruf gegen die Senatspläne.

Huber lehnte in der RBB-Radiosendung auch den „staatlichen Herrschaftsanspruch“ ab, zu definieren, was Kinder über Religion wissen sollen. Das könne nicht der Sinn der öffentlichen Schule sein. Bischof Huber übte außerdem Kritik an der PDS-Fraktionsvorsitzenden Carola Freundl. Sie hatte erklärt, Ziel dieses von der PDS so genannten Faches „Interkulturelle Bildung“ sei, dass die Schüler „ihre Herkunftsreligion relativieren“ lernen. Man könne die unterschiedlichen Religionen nicht aus gleichem Abstand betrachten, denn die Voraussetzung für einen solchen Unterricht sei ein „Nein“ zu Religion. „Religionsfreiheit heißt dann Freiheit von der Religion und nicht Freiheit zur Religion“. Damit könne man sich nicht abfinden, sagte Huber.

SPD-Landeschef Michael Müller distanzierte sich von der Aussage Freundls, das Fach müsse die Herkunftsreligion der Schüler relativieren. „Ich teile diese Formulierung nicht und würde sie so selbst nicht benutzen“, sagte Müller der Nachrichtenagentur ddp. Die PDS-Politikerin sagte dem Tagesspiegel, sie habe mit der Formulierung gemeint, die „Religionen miteinander in Beziehung zu setzen und sich dann darüber auseinander zu setzen“. sib/sve

Die Inforadio-Sendung „PresseTreff“ mit Bischof Huber wird ausgestrahlt am Ostersonntag um 11.05 und 20.05 Uhr.

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