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Berlin: Blende auf für die Hauptstadt der DDR

Der Ost-Berliner Bilderbogen des Fotografen-Ehepaars Breitenborn wird jetzt im Landesarchiv ausgebreitet

Auch Fotografien gehören zum Gedächtnis einer Stadt, sind Teil unserer Erinnerungen an Menschen und Mächte, Ereignisse, an Straßen, Plätze und Häuserzeilen. Das fotografische Gedächtnis an 30 Jahre Ost-Berlin, genauer: an die Zeit von 1960 bis 1990 in der Hauptstadt der DDR, wird in jüngster Zeit immer öfter abgefragt. Mal sind es Belege für oppositionelle Haltungen im Alltag, im Raum der Kirche oder in der Kunst. Dann wieder wird ein trister Alltag abgelinst, oder wir erleben die Helden der Arbeit, wie sie über die Karl-Marx-Allee stolzieren und dann in der Bierkneipe proletarische Macht demonstrieren.

Einer, der immer auf den Auslöser seiner Exakta varex drückte, wenn er etwas für interessant hielt, war der Bildreporter Dieter Breitenborn. Mit seiner Frau Vera bildete er eine Art Ich-AG; die Breitenborns als freischaffende Foto-Ehe waren in den Redaktionen gern gesehen, denn sie hatten immer etwas, das abseits vom Offiziellen lag. Die „Neue Zeit“, „Der Morgen“, die NBI und die „BZ am Abend“ griffen gern zu, wenn Breitenborn seine Schnappschüsse ausbreitete. Als die alten Fischerhäuser der Friedrichsgracht auf der Fischerinsel gesprengt wurden, quartierte er sich zur Tatzeit gegenüber im Haus der Gewerkschaftsleitung ein, und als J. F. Kennedy am 26. Juni 1963 den Checkpoint Charlie besuchte, knipste D. B. aus dem Fenster der „Neuen Zeit“ im Osten – ein Schuss über die Mauer.

Heute sagt der Chronist mit der Kamera: „Ich dachte oft: Dies und jenes musst du fotografieren, das kann in zehn oder zwanzig Jahren wichtig sein.“ Breitenborns Bilderbogen wird ab 20. April in einer Ausstellung im Landesarchiv ausgebreitet. „Zu sehen sind viele Vogelperspektiven vom Ost-Berliner Stadtzentrum, von der Umgestaltung des Geländes um Nikolaikirche und Alex – aus jener Zeit, als im Ostteil der Stadt der Bauboom ausgebrochen war“, sagt Sabine Preuß vom Landesarchiv. Die Breitenborns haben ihre 100 000 Schwarz-Weiß-Fotos und 10 000 Color-Negative ans Stadtgedächtnis verkauft: Der Ost-Berliner Alltag ist nun im Archiv angekommen.

Die Ausstellung ist bis zum 29. Juni im Landesarchiv am Eichborndamm 115-121 zu sehen, geöffnet Mo. und Fr. 9 bis 15 Uhr, Di. bis Do. 9 bis 18 Uhr.

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