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Berlin: Bliss

Wenn Schauspieler ein eigenes Lokal eröffnen, sprießen beim drinking man pittoreske Fantasien. Nehmen wir an, Harrison Ford denkt sich eine Bar aus – wird dann der Cocktail mit der Indiana-Jones-Peitsche auf den Tisch geschleudert?

Von Frank Jansen

Wenn Schauspieler ein eigenes Lokal eröffnen, sprießen beim drinking man pittoreske Fantasien. Nehmen wir an, Harrison Ford denkt sich eine Bar aus – wird dann der Cocktail mit der Indiana-Jones-Peitsche auf den Tisch geschleudert? Und was wäre, wenn Anthony Hopkins hannibalisch grinsend seine Drinks serviert – und dann die Tür abschließt? Oder Horst Tappert erst das Trinken erlaubt, nachdem er den Gästen die Strafprozessordnung erklärt hat? Tja, liebe Leserinnen und Leser, da kann noch einiges kommen. Die bisherige Bilanz ist allerdings eher flau. Die Schauspieler-Bars in Berlin sind gut-durchschnittliche Trinkstationen, und selbst Robert de Niro hat in New York kein Shoot-Inn For Taxi Drivers betrieben, sondern nur ein gepflegt langweiliges Sushi-Restaurant. Aber vielleicht schafft Pierre Sanoussi-Bliss (schon der Name!) eine Überraschung. Der dunkelhäutige Kommissar-Assistent aus der ZDF-Serie „Der Alte“ wirkt ja ziemlich cool. Also rein ins „Bliss“.

Die Bar besteht im Wesentlichen aus zwei Räumen. Vorne steht der Tresen, zum Fenster hin sind wie Teile eines Halbmondes zwei weinrote Lederkanapees drapiert. Mit einem besonderen Dreh: Wer sich schwungvoll abstößt, fährt mit der Couch auf einer Doppelschiene gegen die Wand. Oder kracht, ganz wie es die Laune befiehlt, gegen das andere Railroad-Kanapee. Hübsches Spielchen. Ansonsten ist das Interieur eher modern mainstream. Mit einem nervig flimmernden Endloskaminfeuer auf einem Flachbildschirm an der Wand neben den Schienensofas. (Schade, dass dieser Kitsch zu hoch hängt, als dass man mit dem Sofa gegen ihn crashen könnte). Im Nebenraum sind unter einem Fernseher zahlreiche Kissen verstreut.

Das Publikum war überraschend bürgerlich. In Teilen mit rheinischem Akzent. Kölsche Muttis süppelten Sekt; ein älteres Paar studierte mit Lesebrillen die Karte. Obwohl es da nicht allzu viel zu sehen gibt. Ein paar heimelige Snacks werden im „Bliss“ auch offeriert, zum Beispiel Wiener Würstchen mit Kartoffelsalat. Aber der drinking man, die compañera und ein compañero wollten: trinken. War nicht so einfach.

Halbwegs passabel erschien der Blissard (Aloe Vera Berry, Gin, Preiselbeersaft), auch wenn Aloe Vera bislang kaum als Cocktailzutat aufgefallen ist. Die anderen Drinks konnten kaum überzeugen. Der Caledonian (Scotch, Zitronensaft, Orangensaft, Bitter Lemon) war blass, der Mai Tai mäßig, der Daiquiri eine Katastrophe – Eisbröckchengesupp mit seltsamem Aroma. Unangenehm herb schmeckte der Fitzer (Aloe Vera Gel, Lime Juice, Zitronen- und Orangensaft).

In puncto Schauspielerbars hofft der drinking man jetzt nur noch auf Quentin Tarantino. Und auf ein Lokal, das so aussieht wie das Etablissement, in dem Tarantino zum Untoten mutiert: das mexikanische Zombie-Rocker-Bordell in „From Dusk Till Dawn“.

Bliss, Tucholskystraße 13, Mitte, Tel. 28093583, tägl. ab 12 Uhr. Nächste Woche stellt Christine Lang einen Club vor.

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