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BND-Baustelle

© Thilo Rückeis

BND-Umzug: Investoren spekulieren auf Spione

Der Neubau des BND hat noch gar nicht richtig begonnen, da tut sich schon einiges an der Chausseestraße: Neue Büros entstehen, zahlreiche Altbauten werden saniert - und viele Anwohner müssen wohl mit steigenden Mieten rechnen.

Die Arbeiten am Neubau für den Bundesnachrichtendienst haben zwar noch nicht richtig begonnen, trotzdem verändert die Chausseestraße in Mitte schon jetzt ihr Gesicht. Das Gebiet, das jahrelang wie im Dornröschenschlaf steckte, wird für Projektentwickler zunehmend attraktiv. Neue Büros, ein Hotel und zahlreiche Altbausanierungen sind geplant. „Der Bau des BND wird der Gegend einen richtigen Schub geben“, glaubt Manuela Damianakis, Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung.

Das riesige Areal, auf dem 2011 die Zentrale des Geheimdienstes stehen soll, sieht derzeit wie eine Wüste aus. Lastwagen fahren Sand ab, ziehen lange Staubwolken hinter sich her. Doch während für den großen Neubau noch kein Bauschild zu sehen ist, steht gegenüber schon eins. Die TLG Immobilien hat mit den Bauarbeiten für das „Quartier Chausseestraße“ begonnen.

Das bedeutete zunächst: Abriss. Bagger haben heruntergekommene Gewerbehallen und ein Pförtnergebäude weggerissen. Jetzt ist der Blick frei auf denkmalgeschützte Gewerbehöfe, die der Projektentwickler binnen neun bis zehn Monaten instand setzen will. „Hier entstehen Büros auf rund 15 000 Quadratmetern Fläche“, erklärt TLG-Sprecher Olaf Willuhn, „wir verhandeln derzeit mit einem Großmieter.“

Mittelfristig sei denkbar, dass die TLG, die auch die Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg sanierte, auf der jetzt planierten Fläche neue Bürogebäude mit insgesamt 40 000 Quadratmetern Fläche errichtet. Dass es dafür in dieser Gegend, trotz des immer noch enormen Leerstands an Büroflächen in Berlin, ausreichend Interessenten gibt, ist Willuhn überzeugt: „Der Standort bietet sich dafür geradezu an.“

Ein Satz, der für das Gebiet am Übergang zwischen Mitte und Wedding seit der Wende nicht mehr zu hören war. Seit dem Fall der Mauer war es nicht gelungen, dem ehemaligen Stadion der Weltjugend Leben einzuhauchen. Ein ökologisches, weil autoloses Wohnviertel war geplant und ebenso schnell von der planerischen Agenda verschwunden wie es gekommen war, als der Bund auf der Brache die neue BND-Zentrale plante. Mit 720 Millionen Euro sind die reinen Baukosten veranschlagt.

Berlin kam das sehr gelegen. Für ein Wohnviertel fand sich kein Investor und die Golfer, die auf der Brache jahrelang ihre Abschläge übten, sollten nicht ewig das Bild prägen. Mit dem Bau des BND kann nun endlich auch die Entwicklung des Panke-Grünzugs ein Stück weitergebracht werden. Seit Jahren wird das Projekt immer wieder verschoben, aber jetzt ist das Geld dafür da. „Der Bund bezahlt den Bau als Ausgleichsmaßnahme für die Errichtung des BND“, erklärt Manuela Damianakis. Noch im Sommer soll der landschaftsplanerische Wettbewerb für das 2,5 Hektar große Gelände zwischen BND-Neubau und der Scharnhorststraße beginnen. 2008 wird die an dieser Stelle verlaufende Panke aus ihren Rohren befreit, zwei Jahre später beginnt die Anlage des Parks.

Die Wasserbetriebe haben unterdessen begonnen, ein neues Abwasserpumpwerk an der Chausseestraße zu errichten. 11,8 Millionen Euro soll es kosten und einen Vorgängerbau aus dem vorletzten Jahrhundert ersetzen. Das Radialpumpwerk an der Scharnhoststraße errichtete der Stadtbaurat James Hobrecht 1880 im Rahmen seines für die gesamte Stadt geplanten Systems aus Kanälen und Pumpstationen. Damals hochmodern, ist das alte Pumpwerk heute nicht mehr den Anforderungen gewachsen. Das neue vollautomatische Pumpwerk soll die höhere Belastung durch den steigenden Verbrauch, die der BND-Neubau mit sich bringt, stemmen. Immerhin gut 3000 Geheimdienstler werden hier einmal arbeiten.

Das für den Bau zuständige Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) ist mit den Ausschreibungen und den Detailplanungen des Bauablaufs seit Monaten beschäftigt. Das riesige Projekt soll in kleinen Losen vergeben werden, damit auch mittelständische Unternehmen aus der Region eine Chance haben, etwas vom Kuchen abzubekommen. „Im Gegensatz zu anderen Baustellen kommen für diese Aufträge nur deutsche Firmen infrage“, sagt BBR-Sprecher Andreas Kübler und erklärt das mit den höheren Sicherheitsauflagen.

Geheimnisvoll sieht es zurzeit noch nicht aus. Nur ein kleiner Container steht an der Baustelleneinfahrt, das Areal ist mit einem wackeligen Zaun umstellt, durch den jeder auf die Baustelle gucken kann. Doch damit ist bald Schluss. Geplant ist ein massiver Bauzaun – Durchblick unerwünscht. Bis zum Jahresende soll die Baugrube ausgehoben werden, dann geht der Lärm mit an- und abfahrenden Lastwagen erst richtig los.

Schon jetzt beklagen sich die Anwohner, weiß Frank Schrecker, Vorstand der Wohnungsbaugenossenschaft Berolina, die in der Nachbarschaft 140 Wohnungen unterhält. Die Genossenschaftler werden viel Geduld haben müssen. Aber sie dürfte trösten, dass ihre Wohnungen an Wert gewinnen. „Der Wert unserer Immobilien wird durch den BND-Bau zunehmen“, sagt Schrecker. Höhere Nutzungsentgelte, wie die Mieten bei der Genossenschaft heißen, müssen die Mitglieder aber nicht fürchten. „Private Eigentümer in der Nachbarschaft werden ihre Spielräume hingegen nutzen“, prophezeit Schrecker. Soll heißen: Wer nicht bei der Genossenschaft wohnt, wird wohl mehr zahlen, wenn der BND kommt.

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