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Berlin: Bordell-Prozess: "König vom Stutti" will 100 000 Mark an Prostituierte zahlen

Der "König" zeigte sich gütig. Insgesamt 100 000 Mark will Bernd T.

Der "König" zeigte sich gütig. Insgesamt 100 000 Mark will Bernd T., der als "König vom Stuttgarter Platz" galt, an vier frühere Prostituierte seiner Sex-Clubs zahlen. Weil er eingesehen habe, dass die Damen "übervorteilt" wurden, sagte sein Anwalt. Das Angebot des langjährigen Bordellbetreibers kam gestern in der Endphase des Prozesses um Förderung der Prostitution und Körperverletzung. Und es löste Streit aus. Die Staatsanwältin fühlte sich ausgeschlossen von Gesprächen zwischen Gericht und Verteidigung, in denen über eine mögliche Strafe von maximal zweieinhalb Jahren Haft gegen den 57-Jährigen gesprochen worden sei. Dadurch verschob sich das zunächst für den Nachmittag vorgesehene Urteil.

In Ts. Bordellen "Stutti Frutti", "Mon Cherie" und "Chocolate" arbeiteten Dutzende Frauen, die in Osteuropa angeworben und nach Deutschland geschleust wurden. In den Bars am Stutti bezahlten die Freier für 30 Minuten Liebesdienst 100 Mark. Die Frauen hatten in der Regel zunächst 4500 Mark für den Transfer nach Deutschland abzuzahlen. Danach sollen von den 100 Mark 40 an die Bar gegangen sein, 30 an den Zuhälter und nur 30 Mark sollen bei den Frauen geblieben sein.

Das Personal in den Bars wusste über die illegale Beschäftigung ausländischer Prostituierter aus Sicht der Anklage Bescheid. Wenn eine Razzia drohte, sei vom Türsteher Alarm ausgelöst worden. Eine Ukrainerin sagte vor Gericht: "Die Frauen, deren Papiere nicht in Ordnung waren, liefen zu einem Versteck." Das sei eine Art "Schränkchen" gewesen, in das bis zu acht Frauen gekrochen seien.

Als Helfer des Rotlicht-Unternehmers standen Bernd Ts. 31-jährige Ehefrau, Bardamen, Türsteher und ein mutmaßlicher Lieferant und Zuhälter vor Gericht. Gegen zwei dieser Angeklagten - darunter Sabine T. - ergingen im Laufe des Prozesses bereits Geldstrafen in Höhe von 1200 Mark. Fünf weitere Angeklagte wurden zu Bewährungsstrafen zwischen drei Monaten und zwei Jahren verurteilt.

Der "König" hat abgedankt und in der Untersuchungshaft abgespeckt. Der ehemalige Boxer ist so schmal geworden, dass eine Ukrainerin, die in seinen Clubs arbeitete, nun ins Grübeln kam. "Das Gesicht ist mir bekannt, aber Bernd war viel dicker", sagte die 27-jährige Natascha als Zeugin. "Dann sitzt hier eine Art Taschenformat von Bernd", fragte der Richter. Lachen konnte die Zeugin über den Scherz nicht. "Ja", antwortete sie knapp. Bei zwei anderen Zeuginnen war Furcht zu spüren, als sie T. identifizieren sollten. "Er tut Ihnen nichts", wollte der Richter die 21-jährige Tatjana beruhigen. "Hat er nie getan", rief einer der Verteidiger in den Saal. Tatsächlich sprach nur eine Zeugin von direkter Gewalt. Bernd habe sie getreten, weil sie an ihrem 20. Geburtstag angetrunken zur Arbeit gekommen sei.

Bernd T. arbeitete offiziell als Gastronom. Doch in seinen Clubs gingen die Prostituierten ein und aus. Im Prozess erklärte T., die Frauen hätten hier freiwillig gearbeitet, er sei nur am Verkauf von Getränken interessiert gewesen. Außerdem habe ihm ein Rechtsanwalt versichert, dass die ausländerrechtliche Situation geklärt sei. Jurist Michael R., über den die Einschleusung der Frauen gelaufen sein soll, kann dazu allerdings nicht befragt werden. Er ist flüchtig.

Kerstin Gehrke

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