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Philippinische Tänze. Für die Aufführungen wurden die Familien der Botschaftsmitarbeiter mobilisiert.

© Davids

Botschaften: Botschaften öffneten für Besucher beim - vor fünf Jahren

Fächer, Farben und Folklore: Vor fünf Jahren öffneten 25 Botschaften beim All Nations Festival ihre Türen . Die Besucher konnten sich international durchfuttern - wenn sie sich trauten. Was Maris Hubschmid darüber schrieb.

Von Maris Hubschmid

Den Bananenbällchen-Spieß hält der kleine Amajae wie ein Schwert. Siegesgewiss läuft er durch die Halle, sein pistaziengrünes Festgewand, ein Baju Melayu, verleiht ihm die nötige Autorität. Die Menschen beeilen sich, ihm den Weg frei zu machen, und da, schon hat der Krieger seinen Gegner erspäht, seine Mine verfinstert sich, er ist hoch konzentriert. Noch einmal erhöht Amajae das Tempo, dann sticht er zu. Der Spieß dringt in den mit Alufolie umwickelten Stamm einer Lametta-Palme ein – und bleibt dort stecken. Sie wehrt sich nicht. Das Gesicht des Zweijährigen erhellt sich. Es ist sein Tag. Es ist All Nations Festival in Berlin.

„Wir sind doch überrascht, wie viele Menschen sich bei dieser Hitze auf den Weg gemacht haben“, sagt Nicole Zeisig, Sprecherin der Malaysischen Botschaft in der Klingelhöferstraße in Tiergarten. Zum zehnten Mal hat die Berliner Gesellschaft für internationale Begegnung zu einer Weltreise durch Berlin eingeladen, 25 Botschaften und Kulturinstitute machen mit und öffnen ihre Pforten. Sie hätten zwar nicht ganz so viele Gäste wie im letzten Jahr, doch die Stimmung sei nicht weniger gut, meint Zeisig, die wie Amajae ein traditionelles Kleid trägt und heute das Bühnenprogramm moderiert. Landestypische Tänze werden vorgeführt und Reden gehalten, eine Modenschau gibt es auch. Viele der Auftretenden sind Schüler, „das sind überwiegend Kinder der Botschaftsmitarbeiter“, sagt Zeisig, „wir haben alles mobilisiert.“ An zahlreichen Ständen werden kulinarische Spezialitäten und Kunsthandwerk angeboten, in den Programmpausen gibt es Musik vom Band, mit der eine Frauenstimme die „Colours of Malaysia“ besingt. Bunt ist der Saal auf jeden Fall. Neben dem Eingang lassen sich die Besucher ihre Pässe abstempeln, wie es sich für echte Weltreisende gehört. Der kostenlose „Festival Pass“ dient als universale Eintrittskarte, versammelt Informationen über die teilnehmenden Landesvertretungen und ist zugleich ein nettes Souvenier. Für so manchen, wie Berthold Fechta aus Spandau, macht das Stempelsammeln den größten Reiz der Veranstaltung aus. „Hier nach Malaysia bin ich eigentlich nur rein, weil es auf dem Weg nach Panama lag“, sagt der 68-Jährige und beißt in einen Garnelenchip. „Dann war das so nett, dass ich erstmal geblieben bin“.

Im Gebäude nebenan, wo nicht nur die Luxemburgische-, sondern auch die Maltesische Botschaft ihren Sitz hat, erfreut sich ein Getränk namens „Kinnie“ großer Beliebheit. Eine Bitterorangenlimonade mit Kräutern, sagt Anke Jablinski, 48, die in ihrem ständigen Laden „Ankes Malta Shop“ auch Kochbücher und Bier vertreibt. „Heute ist die erfrischende Limo der Renner“, sagt Jablinski und packt weitere Kisten aus . „Hot city, cool country“ steht auf einem Plakat im Treppenhaus.

Angenehm kühl ist es in den meisten der Diplomaten-Dependancen. Nur die Wege, die zwischen ihnen zurückzulegen sind, die schaffen den ein oder anderen ganz schön. „Meine Frau hat sich spontan einen gelben Fächer zugelegt, Handarbeit“, erzählt ein Besucher, als er Jablinski ihre vorerst letzte Dose Kinnie abkauft und sich das eiskalte Blech genussvoll an die Stirn drückt. Wo war das noch gleich? „In Bolivien, glaub’ ich. Ich weiß es nicht sicher. Wir haben viel gesehen.“

Das diesjährige Motto lautet „Geburtstagsjubiläum“. Passend zum eigenen Jubiläum soll das Festival den Reisenden zeigen, wie zu welchem Anlass in welchem Land gefeiert wird. In Lesotho etwa, erzählt Stempeljäger Fechta, drehe sich alles um Geburt. In den meisten Häusern allerdings hätten die Leute einfach was Gutes gekocht und sich ordentlich in Schale geworfen. „Na, das reicht ja auch“, meint Fechta. „Ist schön anzusehen.“

„Schick sieht das aus“, findet auch Lukas aus Mitte, zehn Jahre alt. „Und der Hut ist lustig.“ Er zeigt auf Ritter Amajaes Helm. „Heute ist mein bester Freund nach Italien geflogen“, erzählt Lukas, er fahre nicht in den Urlaub. Aber das mache ja nichts. „Denn guck mal, hier!“ Stolz blättert Lukas in seinem Festival-Pass. Italien taucht nicht darin auf, aber fünf Stempel hat er immerhin zusammen. Dass die Botschaftsgrundstücke tatsächlich zum Staatsgebiet des ansässigen Landes gehören, lässt ihn aufhorchen, er überlegt, dann lächelt er. Denn so viele Länder wie Lukas hat in diesem Sommer bestimmt kein anderer aus seiner Klasse besucht.

Der Beitrag erscheint in unserer Rubrik "Vor fünf Jahren"

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