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Brutale Attacke: Zugeschlagen - und die Ämter bleiben untätig

Rund zwei Wochen nach dem brutalen Angriff einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen auf einen Mann in der U-Bahn scheint es noch keine Konsequenzen für die Täter zu geben. Um den Aufenthalt eines 13-jährigen Intensivtäters in Kirgisien gibt es eine Debatte.

„Wir sind dabei, das zu klären“, sagte Jugendstadträtin Petra Schrader (Linke) in Bezug auf die U-Bahn-Attacke einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen. Welche konkreten Maßnahmen ergriffen wurden und ob das Jugendamt inzwischen überhaupt mit allen Eltern gesprochen hat, konnte sie nicht sagen. Sie warte noch auf einen abschließenden Bericht. „Wir nehmen die Sache aber sehr ernst.“

Wie berichtet, sind sechs der acht Täter erst zwischen 11 und 13 Jahre alt. Das Verfahren wird in solchen Fällen von der Staatsanwaltschaft automatisch eingestellt, die Akten an das zuständige Jugendamt und Familiengericht weitergeleitet. Doch ob die Täter vom Familiengericht inzwischen vorgeladen wurden, blieb ebenfalls unklar. Aus datenschutzrechtlichen Gründen könne man dazu keine Auskunft erteilen, sagte ein Sprecher.

Die Frage nach dem richtigen Umgang mit jungen Straftätern beschäftigt Politiker und Experten immer wieder. Aufsehen erregte zuletzt der Fall eines 13-jährigen Intensivtäters aus Neukölln. Er wurde vom Jugendamt vor einem Jahr in das asiatische 5- Millionen-Einwohner-Land Kirgisien geschickt – freiwillig wohlgemerkt. „Wir hatten das Problem, dass es nur wenige Einrichtungen gibt, die mit solchen Kindern arbeiten“, sagte Jugendstadträtin Gabriele Vonnekold (Grüne). Nach intensiven Überlegungen habe man sich damals zu dem Schritt entschlossen, das Kind zu einer Familie ins Ausland zu schicken. „Es war uns wichtig, hier seine kriminelle Karriere zu kappen und einen Neuanfang unter völlig anderen Bedingungen zu ermöglichen.“ Dabei sei es auch wichtig, seine Familie in Berlin zu entlasten. Derartige Auslandsaufenthalte blieben aber der absolute Ausnahmefall, sagte Vonnekold.

Betreut wird der inzwischen fast 14-Jährige in Kirgisien von der Organisation „Open Door“. Die meisten, die bei der Organisation landen, sind schon Jahre nicht mehr zur Schule gegangen, haben jegliches Gefühl für Autorität verloren, sind gewalttätig und nehmen Drogen. „Wichtig ist vor allem die räumliche Distanz zum bisherigen Umfeld“, sagt Geschäftsführer Bernhard Graf, der selbst 20 Jahre Kriminalbeamter war. „In Deutschland kann der Junge einfach abhauen und einen Zug zurück nach Berlin zu seiner alten Clique nehmen.“ Auf einem Bauernhof in Kirgisien sei dies unmöglich, ebenso der Zugang zu harten Drogen. Die Jugendlichen seien gezwungen, die neue Situation zu meistern und klare Strukturen zu akzeptieren. Der 13-Jährige mache bereits Fortschritte. Die Organisation betreut seit sechs Jahren straffällige Kinder und Jugendliche mit Hilfe von Familien in Brandenburg, Irland und Kirgisien. Bis zu fünf Jugendliche kommen pro Jahr in den asiatischen Kleinstaat. Dort werden sie von deutschsprachigen Psychologen betreut und bekommen deutschen Schulunterricht.

Dass Intensivtäter nach Kirgisien kommen, hat auch einen finanziellen Grund. „Eine ähnliche Unterbringung in Deutschland kostet das Dreifache“, rechnet Graf vor. Graf betont aber, dass die Zeit im Ausland allein die Probleme nicht lösen kann. Wichtiger sei es, die Familie zu stärken, um dem Jungen wieder ein normales Leben zu ermöglichen. „Wir arbeiten an den Symptomen, nicht an den Ursachen.“

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