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So oder so ähnlich sieht in Berlin so manches Schulklo aus.

© Kai-Uwe Heinrich

Bürgerbegehren in Berlin: Initiative will saubere Schulklos in fünf Bezirken

Neukölln, Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Charlottenburg-Wilmersdorf: Aktivisten kämpfen für saubere Schulklos - per Bürgerbegehren.

Dreckige Toilettenräume, verschmutzte Schulflure und Klassenräume. Dieser Problematik hat die Bürgerinitiative "Schule in Not" den Kampf angesagt. In Neukölln hat die Initiative Anfang Mai ein Bürgerbegehren „Saubere Schulen“ gestartet. Ziel ist die Rekommunalisierung der Schulreinigung. In den vier Bezirken Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg, Tempelhof-Schöneberg und Charlottenburg-Wilmersdorf haben sich nun ebenfalls Eltern, Lehrkräfte und Erzieher organisiert, um auf die Missstände hinzuweisen.

"Wir stoßen bei Eltern, Lehrkräften, Hausmeistern und Reinigungskräften auf großen Zuspruch", sagen die Initiatoren. Mit ihren Einwohneranträgen für "Saubere Schulen" wollen sie die Bezirksämter und den Senat zum Handeln auffordern. Es muss Standard für Kinder sein, in eine saubere Schule zu gehen, so der Tenor der Aktivisten.

Bei einem Einwohnerantrag müssen 1000 Unterschriften in einem Bezirk gesammelt werden, um der Bezirksverordnetensammlung die Forderungen als Empfehlung vorzulegen.

Die Schilderungen aus den Bezirken ähneln sich. Die Initiatoren berichten von Grundschülern, die kein Wasser trinken, um nicht auf Toilette gehen zu müssen, und von Eltern, die die Schulen selber reinigen. Dafür findet Anne Zetsche, Elternvertreterin aus Charlottenburg-Wilmersdorf klare Worte: "Da stellen sich bei mir die Nackenhaare auf. Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt und Eltern putzen die Schule, das kann nicht sein." Aus Friedrichshain-Kreuzberg schildert Ilker Eğilmez die Feinstaubproblematik in einem Nebengebäude der Heinrich-Zille-Grundschule. Auch Susanne Kühne, Elternvertreterin aus Pankow, weist auf die Feinstaubgefahr und daraus resultierende gesundheitliche Folgen hin. Ihr Kind besucht die Grundschule an den Buchen, in den letzten fünf Monaten hat es dort drei verschiedene Reinigungsfirmen gegeben. Geändert hat sich an der Problematik nicht viel.

Prekäre Arbeitsbedingungen, Stress, Zeitdruck

Oft hätten die Reinigungskräfte gar nicht die Chance, die Schulen ausreichend zu putzen, hieß es. Es fehle schlichtweg die Zeit. Die Bezirksämter vergeben die Schulreinigung an externe Dienstleister. Oftmals gewinnt das billigste Angebot, berichtet Philipp Dehne, Initiator aus Neukölln. "Das System Unterbietungswettbewerb funktioniert nicht." Er schildert Fälle von prekären Arbeitsbedingungen der  Reinigungskräfte, die massiv unter dem Stress und Zeitdruck leiden. Unbezahlte Überstunden sind oftmals die Folge. Das Probleme liege nicht bei den Reinigungskräften, sondern bei den politischen Verantwortlichen, so Dehne. "Wir wollen, dass sie Verantwortung übernehmen."

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Konkret fordert die Initiative bis zum Schulstart 2021/22 die Rekommunalisierung der Schulreinigung. Das würde bedeuten, dass die Reinigungskräfte wieder bei den Bezirksämtern angestellt sind. Steigende Personalkosten beim Bezirk halten sie Einsparungen bei der Kontrolle von externen Dienstleistern und Ausschreibungen entgegen. In Freiburg oder Kiel funktioniere es sehr gut mit kommunal angestellten Reinigungskräften, so die Beteiligten. Als Sofortmaßnahme fordert die Initiative zusätzliches Geld für die Schulreinigung in den laufenden Haushaltsverhandlungen. Damit sollen zusätzliche Tagesreinigungskräfte beim Bezirk angestellt werden.

In Neukölln zeigt die Initiative erste Erfolge. Im neuen Bezirkshaushalt sind 390.000 Euro für Tagesreinigungskräfte an 15 Schulen eingeplant. "Das bedeutet auch, dass sich an 45 Schulen nichts bei der Reinigung ändern wird", so Dehne mit Blick auf die Gesamtzahl von 60 Schulen. Am 1. Oktober findet eine Demonstration vor dem Rathaus Neukölln zum Thema "Saubere Schule" statt. Auch in den anderen Bezirken kann man sich eine Kundgebung als nächsten Schritt gut vorstellen.    

Tim Spark

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