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Die Berliner haben im vergangenen Jahr deutlich häufiger Hilfe beim Bürgertelefon gesucht.

© picture alliance / dpa

Bürgertelefon 115: Jedes Jahr eine Million Fragen an die Berliner Verwaltung

Das Bürgertelefon 115 spart Geld und soll in Zukunft viel intelligenter werden. Schon jetzt hat Berlin eine Vorreiterrolle beim Verwaltungsservice per Telefon.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

„Wir arbeiten hier im Tsunami der Emotionen“, sagt Hasan Sezgin, Teamleiter beim Bürgertelefon. Über eine Million Berliner wählen jährlich die 115 – und erwarten, dass auf einer der 120 Leitungen im Callcenter auch kniffelige Fragen geduldig beantwortet und Wünsche zügig erfüllt werden. Meistens geht es darum, vor einem Behördengang Termine zu vereinbaren, Informationen einzuholen und Formalien zu klären. Ein neuer Personalausweis wird gebraucht, ein Wohnsitz soll umgemeldet oder ein Führungszeugnis beantragt werden. Im Umgang mit der Verwaltung bevorzugen viele Bürger auch im Zeitalter des Internet den telefonischen Kontakt.

Seit 2007, als Berlin Modellregion für den Aufbau einer bundeseinheitlichen Behördenrufnummer wurde, hat sich die 115 in der Hauptstadt zu einem Erfolgsmodell entwickelt – auch wenn nicht jeder Bürger mit jeder Auskunft zufrieden ist (siehe Kasten). Außerdem wird, wie sich jetzt herausgestellt hat, der Landeshaushalt entlastet. Ein externer Gutachter, die Firma Sopra Steria Consulting, bescheinigt dem Bürgertelefon eine „herausragend positive“ Wirtschaftlichkeit. Bis 2026 werden Betriebskosten von 75 Millionen Euro prognostiziert, denen Einsparungen in der Verwaltung (vor allem beim Personal) von 118 Millionen Euro gegenüberstehen. Das sei pro Anruf ein rechnerischer Nutzen von drei Euro.

Berliner ist Vorreiter

Es kommt nicht so oft vor – aber beim Bürgertelefon hat die Berliner Verwaltung bundesweit eine Vorreiterrolle. Das Callcenter in der Berliner Straße in Wilmersdorf nimmt – je tausend Einwohner – fünf Mal so viele Anrufe entgegen wie in Hamburg, das an zweiter Stelle der Rangliste steht. Erreichbar ist die 115 an jedem Werktag von 7 bis 18 Uhr und es gilt die Selbstverpflichtung: 75 Prozent der Anrufe sollen innerhalb von 30 Sekunden angenommen und 65 Prozent der Fragen beim ersten Kontakt beantwortet werden. Gibt es noch Klärungsbedarf, muss dem Anrufer eine Rückmeldung innerhalb von 24 Stunden (nicht am Wochenende) angeboten werden. Je nach Wunsch per Mail, Fax oder Telefon.

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Ans Bürgertelefon sind inzwischen die gesamte Bundesverwaltung, zwölf Länder und 470 Kommunen angeschlossen. Allein in Berlin hängen fast 100 Behörden am großen Netz. Die Mitarbeiter im Callcenter, das vom IT-Dienstleistungszentrum des Landes Berlin (ITDZ) betrieben wird, stützen sich bei Ihrer Arbeit auf die zentrale „Dienstleistungs-Datenbank“ der Hauptstadt. Ohne digitale Unterstützung wäre es gar nicht möglich, jede Anfrage in durchschnittlich zwei Minuten zu beantworten. Elektronische Sprachdialogsysteme helfen dabei.

Mache Bürger schreiben lieber

Trotzdem gibt es immer mehr Menschen, die nicht telefonieren, sondern mit Behörden nur online kommunizieren wollen. Manche Bürger auch deshalb, weil sie sich mündlich schlecht ausdrücken können. Ihnen ist es lieber, ihr Anliegen in kurzen Sätzen schriftlich vorzubringen. Dafür hat das ITDZ in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität einen „virtuellen Assistenten“ entwickelt, der noch in der Probephase ist, aber auf dem Service-Portal des Senats schon genutzt werden kann. Dort chattet man live mit der Maschine, die sich nach freundlicher Begrüßung erst einmal entschuldigt: „Ich bemühe mich sehr, trotzdem bin ich nur ein Computerprogramm, das noch lernen muss“. Um dann zu fragen: „Wie kann ich Ihnen helfen?“

Der schriftliche Dialog am PC kann solange fortgesetzt werden, bis alle Fragen geklärt sind. Der Austausch personenbezogener Daten ist aber tabu – und vorerst wird nur deutsch gesprochen. „Das ist nun mal die Amtssprache“, sagte ein Experte des ITDZ dem Tagesspiegel. Es wird aber daran getüftelt, dem virtuellen Bürgerassistenten andere Sprachen beizubringen. Mit Hilfe einer „Übersetzungs-Schnittstelle“, die dem deutschen und EU-Datenschutz genügt. Noch ist das ein Testballon.

Vorbereitet wird außerdem ein „intelligentes Terminmanagement“ für die Berliner Bürgerämter, das auf individuelle Wünsche der Berliner Rücksicht nimmt. Welches Bürgeramt möchte er gern zu welcher Zeit besuchen? Nicht mehr immer nur Marzahn um 8.30 Uhr. Mal sehen, wer das noch erleben darf.

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